Abgeschrieben wird nun anders – Änderung bei der AfA für Blockheizkraftwerke

Rastatt, 13.08.2015

Der Streit um die Abschreibungszeit von BHKW-Anlagen führt nun zu einer Veränderung der Verwaltungspraxis (Bild: presentermedia.com)

Betreiber von Blockheizkraftwerken, die der Gebäudebeheizung in einem neuen Gebäude dienen, können den auf die Stromerzeugung entfallenden Kostenanteil der BHKW-Anlage künftig nur noch über 50 Jahre abschreiben. Die neue Regelung der obersten Finanzbehörde bringt nach Meinung des BHKW-Infozentrums eine zusätzliche Komplexität und eine inkohärente Struktur in ein seit vielen Jahren funktionierendes System.

Schon in der Vergangenheit wurde man bei der Wahl der steuerlichen Abschreibungszeit von Blockheizkraftwerken (BHKW) aufgrund verschiedener Vorschriften verwirrt. Die für die Wirtschaftlichkeit gebäudetechnischer Anlagen maßgebliche VDI-Richtlinie 2067 gab einen Wert von 15 Jahren vor, die einkommenssteuerlich relevante AfA-Tabelle 10 Jahre und bei manchem Finanzamt wurden Biogas-BHKW-Anlagen aufgrund des Förderzeitraums des EEG über 20 Jahre abgeschrieben. In der alltäglichen steuerrechtlichen Praxis hatte sich in den letzten fünf Jahren ein Abschreibungszeitraum von 10 Jahren durchgesetzt.

Nach Beschluss der obersten Finanzbehörden und der Länder (vgl. Schreiben des Ministeriums der Finanzen des Landes Brandenburg vom 17.07.2015) beginnt nun überraschend eine neue Ära bei der Regelung des abschreibungsrelevanten Zeitraums für BHKW. Entgegen der bisher geltenden Verwaltungsauffassung sollen neue BHKW, welche nicht vollumfänglich gewerblich genutzt werden, ab sofort wie ein wesentlicher Bestandteil des Gebäudes statt wie bisher als selbständiges bewegliches Wirtschaftsgut behandelt werden.

50 Jahre Abschreibung

Bei Neubau eines Gebäudes einschließlich eines BHKW sind demnach die anfallenden Investitionskosten grundsätzlich dem Gebäude zuzurechnen. Eine Zuordnung des BHKW zum Gewerbebetrieb sollte damit ausgeschlossen sein, so Rechtsanwalt und Steuerberater Niklas Richter von der Sozietät Becker Büttner Held (BBH) in München. Unabhängig hiervon können die Kosten für die BHKW-Anlage, soweit sie dem Gewerbetrieb Stromerzeugung zugeschlagen werden, linear abgeschrieben werden. Allerdings gilt hierbei auch die für Gebäude betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von 50 Jahren. Im Ergebnis wird mit der Verfügung die Rechtslage vor 2011 wieder hergestellt, in der BHKW und Heizkesselanlagen gleichgestellt waren.

Die durchschnittliche Lebensdauer eines BHKW ist mit 10-20 Jahren indes deutlich kürzer als die Nutzungsdauer eines Gebäudes. Kommt es zum Ersatz für eine vorhandene Heizungsanlage sollten die Kosten für das BHKW als Erhaltungsaufwand sofort steuerlich geltend gemacht werden können, so Niklas Richter (BBH, München).

Wichtige Einschränkung des Geltungsbereichs

Die neue Regelung gilt für alle Fälle, in denen das BHKW keine Betriebsvorrichtung darstellt, also der eigentliche Zweck in der Gebäude- und Wasserbeheizung liegt. Genau an dieser Sichtweise der Finanzbehörde stört sich Hans Joachim Gerlach, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater aus Stuttgart, da ein Blockheizkraftwerk im Gegensatz zu einem Heizkessel immer auch Strom erzeugt und aufgrund des Stromverkaufs auch Einnahmen generiert. Überdies könne der zusätzlich zum BHKW eingebaute Spitzenlast-Heizkessel im Regelfall das Gebäude und das Warmwasser auch ohne Unterstützung durch das BHKW beheizen. Umsatzsteuerlich kann dagegen in der Regel weiterhin das gesamte BHKW dem Unternehmensvermögen zugeordnet werden. Die bislang anzutreffende Parallelität zwischen der ertrags- und umsatzsteuerlichen Behandlung sollte außerhalb der gewerblich genutzten BHKW damit wieder hinfällig sein. Einfacher wird es sowohl für den Betreiber eines BHKW als auch für die Finanzverwaltung nicht, so Niklas Richter.

Für Pachtmodelle oder Mieterstromkonzepte sieht Hans Joachim Gerlach keine Veränderung der bisherigen Abschreibungsdauer von 10 Jahre, da in diesen Fällen das BHKW nicht als Gebäudebeheizung sondern zur Erzielung gewerblicher Pachteinnahmen diene. Die Einschränkung der neuen Regelung auf die Gebäude- und Trinkwarmwasser-Beheizung lässt außerdem vermuten, dass alle BHKW-Anlagen, die im gewerblichen und industriellen Bereich Prozesswärme bereitstellen, nicht unter die neue Regelung fallen. Das sollte auch für BHKW-Anlagen in der Fernwärmeversorgung gelten. In der Praxis dürfte die Regelung vor allem kleinere BHKW-Anlagen und stromerzeugende Heizungen insbesondere im Einfamilienhaus betreffen.

Übergangsregelungen

Vertrauensschutz wird für alle vor dem 31.12.2015 angeschafften, hergestellten oder verbindlich bestellten BHKW-Anlagen gewährt. Es besteht für den BHKW-Betreiber ein verbindliches Wahlrecht zwischen neuer und alter Verwaltungsauffassung, welches spätestens für den Veranlagungszeitraum 2015 auszuüben ist.

Ungeklärte Fragestellungen

Die neue Regelung wirft viele ungeklärte Fragestellungen auf. Wie wird zukünftig beim Ersatz einer BHKW-Anlage mit der Abschreibung der Bestandsanlage umgegangen? Wird diese trotz Ersatz weiter auf 50 Jahre abgeschrieben während die Aufwendungen für das neue BHKW sofort abgeschrieben werden?
Was passiert bei Einbau einer neuen KWK-Anlage in ein bereits mehrere Jahrzehnte altes Wohngebäude? Wird diese dann auf 50 Jahre oder auf die restliche Abschreibungsdauer des Gebäudes abgeschrieben?

Energiesteuerrecht

Auswirkungen könnte die neue Abschreibungsregelung auch auf die Energiesteuer-Rückerstattung von BHKW-Anlagen haben. Das Energiesteuergesetz (EnStG) zählt im §53a als eine der Voraussetzung für eine vollständige Entlastung kleiner KWK-Anlagen von der Energiesteuer die Bedingung auf, dass die KWK-Anlage bis 2 MW elektrischer Leistung steuerlich noch nicht vollständig abgeschrieben ist. Sofern ein Ersatz bzw. eine Modernisierung einer KWK-Anlage zu einer Sofortabschreibung führt, stellt sich nun die Frage, ob dies auch unmittelbare Auswirkungen auf die vollständige Energiesteuer-Rückerstattung haben wird. Diese könnte ggf. unmittelbar entfallen, da bei einer Sofortabschreibung keine Abschreibung mehr existiert.

Quelle: Markus Gailfuß (BHKW-Infozentrum) | Bild: presentermedia.com

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