Keine EEG-Vergütung für Pflanzenöl-BHKW ab 2012?

 


Aktueller Stand vom 01.07.2011

Am 30. Juni 2011 nahm der Bundestag in 2. und 3. Lesung den Gesetzentwurf von CDU/CSU und FDP zur Neuregelung des Rechtsrahmens für die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien (Bundestagsdrucksache 17/6071) in der vom Umweltausschuss geänderten Fassung (Bundestagsdrucksache 17/6363) mit Koalitionsmehrheit gegen das Votum der Opposition an.

Das neue EEG, das am 01.01.2012 in Kraft tritt, sieht u. a. erhebliche Reduzierungen der Förderungen im Biogassektor und den kompletten Wegfall der EEG-Vergütung für neue Pflanzenöl-BHKW ab 2012 vor. Zwar wird die EEG-Novelle noch am 08. Juli im Bundesrat beraten. Das Gesetz ist jedoch nicht zustimmungspflichtig.


Bericht vom 13.05.2011

Der am 03. Mai 2011 veröffentlichte Entwurf des „Erfahrungsbericht 2011 zum Erneuerbare-Energien Gesetz“ beinhaltet in Bezug auf die Nutzung flüssiger Biomasse die Handlungsempfehlung, allen Neuanlagen ab 2012 keine EEG-Vergütung mehr zu gewähren. 

Wörtlich heißt es in den relevanten Textpassagen des EEG-Erfahrungsberichtes: „Auch BHKWs zur Stromerzeugung aus Pflanzenöl (PÖL-BHKWs) profitieren vom Nawaro und vom KWK-Bonus. Etwa 80 % dieser Anlagen erhalten derzeit beide Boni. Aufgrund der hohen Marktpreise für Pflanzenöle stagnierte der Anlagenzubau in 2009 und 2010 im Vergleich zu den Vorjahren. Die Rohstoffkosten haben einen Anteil von bis zu 85 % der Stromgestehungskosten von PÖL-BHKW. Damit sind die Preisrisiken beim Betrieb dieser Anlagen deutlich höher als bei gasförmigen oder festen Bioenergieträgern.
Zum 01. Januar 2011 ist die Biomassestrom-Nachhaltigkeitsverordnung (BioSt-NachV) wirksam geworden. Sie setzt die Nachhaltigkeitsanforderungen zu THG-Bilanzen und dem Schutz ökologisch wertvoller Flächen der europäischen Erneuerbare-Energien-Richtlinie an die Stromerzeugung aus flüssiger Biomasse um. Die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) ist für die Kontrolle und Anerkennung von Zertifizierungssystemen und Zertifizierungsstellen zuständig, welche die Nachhaltigkeitszertifizierung durchführen. Derzeit sind bereits 29 Zertifizierungsstellen und 3 Zertifizierungssysteme (Stand: 06.04.2011) für diese Tätigkeit anerkannt, die Ausstellung von Zertifikaten und Nachhaltigkeitsnachweisen ist bereits im Laufe des Jahres 2010 angelaufen. Die BioSt-NachV sieht darüber hinaus die Anerkennung von Nachhaltigkeitsnachweisen anderer Mitgliedsstaaten vor. Damit wirkt dieser Regelungsmechanismus steuernd darauf, auf welchen Flächen der Biomasseanbau gefördert werden kann (direkte Landnutzungsänderungen), löst aber nicht grundsätzlich das Problem der Flächenkonkurrenzen, da von diesen Nachhaltigkeitskriterien keine Signalwirkung auf den Umfang der Flächeninanspruchnahme ausgeht. Diese derzeit geltenden Kriterien bieten auch noch keinen Schutz vor sogenannten indirekten Landnutzungsänderungen, wenn z. B. flüssige Brennstoffe auf zulässigen Flächen unter Verdrängung der bisherigen Nutzung erzeugt werden, während die herkömmlichen Nutzungen in ökologisch sensible Bereiche abwandern.
Für typische Bioenergieanlagen zur Verstromung fester, flüssiger und gasförmiger Bioenergieträger wurden Stromgestehungskosten berechnet. Dabei wurde ein durchschnittlicher Wärmeerlös von 3 ct/kWhth unterstellt. Die in der Praxis tatsächlich erzielbaren Wärmeerlöse beeinflussen wesentlich die Höhe der Stromgestehungskosten und somit die Wirtschaftlichkeit der Anlagen. Die Höhe der Wärmeerlöse ist bundesweit sehr verschieden und hängt zudem auch von den jeweiligen Anlagenkonzepten ab. Dabei ist zu beachten, dass die EEG-Vergütung und insbesondere der KWK-Bonus die Höhe der erzielbaren Wärmeerlöse negativ beeinflussen können.
Bei flüssigen Bioenergieträgern weisen die Stromgestehungskosten eine große Bandbreite auf. Dies ist insbesondere auf die Schwankungen des Preisniveaus der Rohstoffe Palmöl und Rapsöl zurückzuführen. Bei keinem der betrachteten Modellfälle ist derzeit ein kostendeckender Betrieb möglich.
Der Pflanzenöleinsatz in der Stromerzeugung hat sich aufgrund stark schwankender Marktpreise als problematisch erwiesen, nicht zuletzt weil die Nutzung von Pflanzenölen zur Stromerzeugung und zur Kraftstoffbereitstellung durch unterschiedliche Mechanismen angereizt wird und damit auf Marktveränderungen nicht in jeweils gleichem Maße reagiert werden kann. Eine dauerhafte Wirtschaftlichkeit der Anlagen wäre nur durch eine signifikante Erhöhung der Vergütung sicherzustellen, die dem Ziel der Kostensenkung entgegensteht. Die Stromerzeugung aus Pflanzenölen und anderer flüssiger Biomasse wird daher künftig bei Neuanlagen nicht mehr vergütet.“

Kommentar (Markus Gailfuß, BHKW-Infozentrum):

Leider gibt der Erfahrungsbericht keine ausreichenden Informationen über die im Jahre 2010 noch betriebenen Pflanzenöl-BHKW-Anlagen. Unserer Abschätzung nach befanden sich Ende 2010 wahrscheinlich mehr als 75% der Pflanzenöl-BHKW-Leistung nicht mehr in Betrieb, da die derzeitigen EEG-Vergütungen bei den hohen Pflanzenöl-Preisen für einen wirtschaftlichen Betrieb nicht ausreichen.
Nüchtern betrachtet liegt der große Vorteil der Pflanzenöl-BHKW-Anlagen aber darin begründet, dass unabhängig von der Erschließung über eine Erdgasleitung mit hohen elektrischen Wirkungsgraden aufgrund des Diesel-Motorprinzips eine regenerative Energienutzung mit sinnvollem Wärmenutzungskonzept realisiert werden kann. Die Anwendungsfelder reichen leistungsmäßig von größeren Einfamilienhäusern bis hin zu Schwimmbädern, großen Fernwärmenetzen oder Industriebetrieben. Dadurch wird eine Flexibilität in den Anwendungsfeldern geschaffen, die sonst keine andere Technologie aus dem Bereich der Stromerzeugung durch Biomasse aufweist.
Der Pflanzenölmarkt ist ein sehr volatiler Markt (siehe http://www.pflanzenoel-bhkw.de/pflanzenoel-bhkw_pflanzenoele.html), der stark von Spekulanten geprägt ist. Daher ist das wirtschaftliche Risiko enorm, was sich an den vielen derzeit abgeschalteten Anlagen zeigt.
Es wäre aber neu, dass sich das BMU oder das DBFZ in den letzten Jahren in Bezug auf die Abschätzung zukünftiger Rohstoffpreise einen Namen gemacht hätte. Es ist daher nicht auszuschließen, dass wieder günstigere Rohstoffpreise einen wirtschaftlichen Pflanzenöl-Einsatz ermöglichen.
Da in den letzten fünf Jahren keine Überförderung des Pflanzenöl-BHKW-Marktes zu detektieren war, kein anderer Einsatzstoff derart hohe Anforderungen an die Nachhaltigkeit nachweisen muss (www.biomassestrom-nachhaltigkeitsverordnung.de) und keine andere Biomasse-Nutzung ähnlich hohe Stromeffizienzwerte und ein ähnlich breites Anwendungsfeld aufweist, ist die vom BMU vorgeschlagene Handlungsempfehlung in keinster Weise nachzuvollziehen. Der Vorschlag eines Ausschlusses der flüssigen Biomassenutzung aus dem EEG ist daher abzulehnen. Als Gesetzgeber muss man sich die Frage stellen, ob man Pflanzenöl auch in wirtschaftlich schwierigeren Zeiten eine wirtschaftliche Basis gewähren will. In diesem Fall müssten die Vergütungen nach oben korrigieren. Will man dies – aus welchen ideologischen Gründen auch immer – nicht, so muss aus den oben dargelegten Gründen zumindest der Status Quo erhalten bleiben.

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