Tank oder Teller – Diskrepanz zwischen Schein und Sein

In den letzten Monaten mussten sich Vertreter der energetischen Biomasse-Nutzung vielen Diskussionen stellen, die insbesondere die „Tank oder Teller“-Thematik beinhaltete. Insbesondere Palmöl steht nach wie vor stark in der Kritik. Immer wieder werden illegale Rodungen von Regenwäldern aufgedeckt und seit Palmöl auch für die energetische Nutzung – also für Strom, Wärme und Kraftstoffe gefragt ist – scheint der Verursacher der zunehmenden Urwaldrodungen ausgemacht.

Palmölnutzung weltweit im Jahr 2010, Quelle: FNRDie Grafik der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR) schafft hierzu Klarheit: 2010 wurden 53 Mio. Tonnen Palmöl genutzt. Davon fanden über 71 % in der Nahrungsmittelindustrie Verwendung. Über 24 % wurden für Seifen und andere kosmetische Industrieerzeugnisse benötigt und nur 4,7 % dienten der energetischen Nutzung, die auch den Kraftstoffmarkt umfasst.

Damit keine Missverständnisse aufkommen: Als Leiter des BHKW-Infozentrums vertrete ich die strikte Meinung, dass Brennstoffe, die in ökologisch sinnvollen Biomasse-KWK-Anlagen eingesetzt werden, auch Nachhaltigkeitsstandards genügen müssen. Keine andere Biomasse muss dies aber in nur annähernd ähnlichem Maße wie Pflanzenöl erfüllen – denn für Pflanzenöl existiert seit einigen Monaten die Biomassestrom-Nachhaltigkeitsverordnung mit einer Fülle einzuhaltender Vorschriften. Eine Beobachtung der in den jeweiligen Sektoren (Ernährung, Kosmetik, Energie inkl. Automobil) verwendeten Biomassemengen erscheint sinnvoll, um Missständen rechtzeitig begegnen zu können. Nicht zielführend sind aber Diskussionen, die Zahlen falsch darstellen oder auf einige wenige Aspekte begrenzen.

Maisanbau im Jahr 2011, Quelle: FNRInteressant sind auch die folgenden neuen und für viele wahrscheinlich unerwarteten Erkenntnisse: In der Presse wurde in den letzten Monaten immer wieder der starke Maisanbau angeprangert. Insbesondere wenn keine sinnvolle Fruchtfolge und eine Überdüngung mit dem Maisanbau einhergehen, ist diese Kritik auch angebracht. Als Schuldiger für den verstärkten Maisanbau mussten die Biogasanlagen herhalten. Daher verwundert es auch nicht, dass im Rahmen der Diskussion über die EEG-Vergütung im Biogasbereich der Maisanbau als Negativbeispiel hervorgehoben wurde und ein „Maisdeckel“ im EEG 2012 geschaffen wurde. Wem ging es angesichts der täglichen Kritik nicht auch so, dass gefühlte 90% des Maises für die Nutzung im Biogasbereich vermutet wurden.

Die Realität indes sieht laut FNR anders aus: Im aktuellen Anbaujahr stehen Silo- und Körnermais deutschlandweit auf insgesamt 2,5 Mio. Hektar Ackerfläche. Der mit 1,8 Mio. Hektar größte Teil der Fläche dient der Futtermittelgewinnung. Hierzu trägt Körnermais, der fast vollständig verfüttert wird, mit einem Anteil von 0,5 Mio. Hektar bei. Energiemais für die Biogasproduktion wächst 2011 lediglich auf ca. 0,7 Mio. Hektar oder 28 % der gesamten Maisfläche.

Autor: Markus Gailfuß (BHKW-Consult / BHKW-Infozentrum)
Die Grafiken sowie die damit zusammenhängenden Texte stammen von der FNR.

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