Der unbedarfte Leser wird sich nun fragen: Warum installiert man nicht überall eine BHKW-Anlage?
Dies hat mehrere Gründe: BHKW-Anlagen stellen gleichzeitig Strom und Wärme bereit. Daher benötigt eine solche Anlage auch Versorgungsobjekte, welche eine (nahezu) gleichzeitige Nutzung der Elektrizität und Wärme garantieren. Sonst müsste z. B. die Wärme ungenutzt an die Umgebung abgegeben werden und der ökologische (und auch ökonomische) Vorteil wäre dahin.
Weiterhin sind die Investitionen und der Planungsaufwand für eine BHKW-Anlage ungleich höher als für eine einfache Heizungsanlage. Diese Mehrinvestitionen müssen über den Stromerlös bzw. die Wärmegutschrift wieder finanziert werden. Dies ist aber meistens nur dann möglich, wenn die BHKW-Anlage viele Stunden im Jahr (> 4.000 Stunden) in Betrieb ist und der Strom und Wärme im Versorgungsobjekt genutzt werden kann. Diese Vorgaben schränken die Anwendungsfelder für eine technisch-wirtschaftliche Nutzung von BHKW-Anlagen ein.
In der Literatur gibt es mehrere Potenzialprognosen für KWK-Anlagen im industriellen Bereich. Erwähnenswert erscheint eine Studie von Dipl.-Ing. U. Kaier, welche im Auftrag der Enquete-Kommision „Schutz der Erdatmosphäre“ im Jahre 1989 erstellt wurde. Darauf baut eine Arbeit von Prof. Dr.-Ing. Pruschek aus dem Jahre 1995 auf. Sehr empfehlenswert und detailliert ist die Dissertation von Dr. R. Hofer aus dem Jahre 1993.
Im kommunalen Bereich wurde 1994 von Dr. J. Nitsch das wirtschaftliche und ausschöpfbare KWK-Potential in Baden-Württemberg untersucht.
Auf Grundlage der statistischen Daten von 1997, zahlreicher Anfragen sowie einer detaillierten Literaturrecherche wurden die Potentiale der BHKW-Anlagen in Deutschland für das Jahr 2010 von Markus Gailfuß prognostiziert. Dabei wird – getrennt in 19 kommunale Bereiche und 21 Industriebranchen – die zukünftige Entwicklung im Bereich stationärer Motoren- und Gasturbinenanlagen im Leistungsbereich bis 10 MWel ohne Berücksichtigung eines nachgeschalteten Dampfturbinenprozesses abgeschätzt.
Die folgenden Tabellen geben einen Überblick über die industriellen und kommunalen Potenziale. Eine genaue Aufgliederung sowie die – für die Einschätzung einer Potenzialprognose wichtigen Annahmen bezüglich der Rahmenbedingungen – kann der Studie entnommen werden.
Industrielle BHKW-Potenziale für das Jahr 2010 |
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Gesamtpotenzial [MWel] | |
Brauereiindustrie | 125 |
Genußmittelgewerbe | 22 |
18 | |
Zuckerindustrie | 42 |
Ölmühlen | 6 |
Übrige Ernährungsmittelgewerbe | 121 |
8 | |
Chemische Industrie | 1750 |
Zellstoff- und Papierindustrie | 810 |
Textilindustrie | 172 |
Übrige VerbrauchsgÜterindustrie | 63 |
Mineralölverarbeitende Industrie | 168 |
Bergbau | 22 |
Industrie der Steine und Erden | 82 |
22 | |
Gummi- und Kunststoffverarb. | 177 |
EST-Gießereien | 33 |
Ziehereien, Kaltwalzwerke | 20 |
NE-Metalle-Gießereien | 87 |
Maschinenbau | 694 |
Fahrzeugbau | 579 |
Elektrotechnik, Feinmechanik | 646 |
EBM-Waren-Industrie | 508 |
Übrige Investitionsgüterindustrie | 130 |
Glas- und Feinkeramik | 76 |
Industrielles Gesamtpotential | 6381 |
Kommunale BHKW-Potenziale für das Jahr 2010 |
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Gesamtpotenzial [MWel] | |
Gasübernahmestationen | 55 |
Flughafen | 40 |
Freizeitsportanlagen | 20 |
Hallen-/Freibäder | 180 |
Krankenhäuser etc. | 650 |
Altenheime | 150 |
Behindertenheime | 35 |
Justizvollzugsanstalten | 5 |
Kirchenverbund | 15 |
Schulen | 106 |
Wohnungen | 100 |
Bürogebäude | 217 |
Nahwärmenetze | 5250 |
Gewächshäuser | 40 |
Holzgas | 35 |
Biogas | 75 |
Klärgas | 132 |
Deponiegas | 220 |
Pyrolysegas | 50 |
Kommunales Gesamtpotenzial | 7375 |
Insgesamt wird nach dieser Studie für das Jahr 2010 mit einer installierten BHKW-Leistung von rund 13.750 MWel
gerechnet.
Das gesamte BHKW-Potenzial wird auf rund 70.000 GWhel pro Jahr prognostiziert.
Markus Gailfuß, BHKW-Infozentrum Rastatt