Ganz dickes Gesetzespaket
Der Referentenentwurf zur Änderung von KWKG und EEG umfasst 119 Seiten. Das Gesetz ist sehr komplex geworden und wird von Verbänden und Fachleuten heftig diskutiert.
Zwar lässt die förmliche Genehmigung des Gesetzes durch die EU-Wettbewerbskommission immer noch auf sich warten, trotzdem hat das Bundeswirtschaftsministerium den Fachverbänden schon einen Referentenentwurf vorgelegt, der am 4. Oktober von diesen diskutiert wurde.
Der in der Bundesregierung noch nicht abgestimmte Entwurf enthält in Artikel 1 die Änderungen zum KWK-Gesetz und in Artikel 2 die Änderungen zum EEG. In neun anderen Artikeln werden weitere Gesetze und Verordnungen verändert.
Insgesamt ist das KWK-Gesetz deutlich komplexer geworden. So gibt es unter anderen die neuen und umfangreichen Paragraphen 8a bis 8d (zur Ausschreibung) sowie 33a bis 33c (zur Verordnungsermächtigung). Auch der Verwaltungsaufwand zur Durchführung des Gesetzes wird deutlich steigen: Gab es bisher nur eine zuständige Behörde, das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa), bekommt jetzt auch die Bundesnetzagentur Aufgaben im Bereich der KWKG-Umlage sowie bei den Ausschreibungen. Außerdem ist im neuen KWKG auch eine Clearingstelle ähnlich wie beim EEG vorgesehen. Diese ist insbesondere zuständig für Fragen bei der Anschluss- und Abnahmepflicht, bei der Direktvermarktung, der Messung von KWK-Strom und Nutzwärme sowie bei Fragestellungen rund um die Mitteilungs- und Vorlagepflichten.
Viel Arbeit wird auch auf die Netzbetreiber zukommen, denn § 7 Abs. 8 sieht vor, dass keine Zuschläge an Anlagenbetreiber gezahlt werden, wenn und solange die Strompreise null oder negativ sind. Damit dieser Passus umgesetzt werden kann, ist ein ständiger Abgleich zwischen Börsenpreis und produzierter Strommenge nötig. Diesen müssen laut Markus Gailfuß vom BHKW-Infozentrum, Rastatt, die Netzbetreiber vollziehen.
Weil der administrative Aufwand dafür für Netzbetreiber und für Anlagenbetreiber sehr groß ist, schlägt das BHKW-Infozentrum vor, an diesem Punkt die Anlagen bis 50 kW auszuklammern. Wegen der Größenverteilung im Anlagenpark müssten dann nur noch 14 % der Anlagen überwacht werden, die aber trotzdem mehr als 95 % der neu installierten KWK-Leistung repräsentieren.
Die Wärme macht Vergleiche kompliziert
Die größten Veränderungen gibt es durch die Ausschreibungspflicht, wenn Betreiber neuer und modernisierter KWK-Anlagen mit Leistungen zwischen 1 und 50 MWel nach 2017 noch eine Förderung bekommen wollen. Sie erhalten dann keine gesetzlich festgelegten KWK-Zuschläge mehr, sondern müssen sich per Ausschreibung dafür bewerben. Das Ausschreibungsvolumen legt § 8c auf 100 MW elektrische KWK-Bruttoleistung im Jahr 2017 und auf je 200 MW für die Jahre 2018 bis 2021 fest. Die Förderung gilt nur für KWK-Anlagen, die Strom ins Netz der allgemeinen Versorgung einspeisen. Wie die Ausschreibungen konkret aussehen sollen, muss noch eine Verordnung regeln.
Als problematisch sehen es hierbei das BHKW-Infozentrum, die Verbände BKWK, Asue, DVGW sowie der VKU an, dass die Wärme nicht betrachtet wird. Eine Analogie zur Ausschreibung bei Wind- und Solaranlagen funktioniere deswegen nicht. „Die Erlössituation auf der Wärmeseite bestimmt maßgeblich die Stromgestehungskosten“, betont Gailfuß. Die Einbindung von KWK-Anlagen in den Strom- und in den Wärmemarkt machen die Berechnung von Geboten für die Ausschreibung deutlich komplexer, stellt der VKU fest, „was im Ausschreibungsdesign Berücksichtigung finden muss“.
Technisch wie wirtschaftlich komplizierter wird die Kraft-Wärme-Kopplung durch den vorgesehenen § 8 Abs. 2 Nr. 3. Dieser sieht vor, dass ein Anspruch auf Förderung nur besteht, wenn jede KWK-Anlage mit einem elektrischen Wärmeerzeuger verbunden ist, damit „die Einspeisung jederzeit auf Anforderung des Übertragungsnetzbetreibers vollständig reduziert und zugleich die Wärmeversorgung zuverlässig aufrechterhalten werden kann“. Die Konsequenz verdeutlicht Gailfuß: „Der KWK-Anlagenbetreiber muss in Verbindung mit der KWK-Anlage eine Power-to-Heat-Anlage im Megawattbereich errichten.“
Der VKU sieht speziell bei diesem Punkt noch die Notwendigkeit für intensive Diskussionen, vor allem auch, weil nach seinen Informationen diese Klausel nicht Gegenstand der Beratungen mit der EU-Kommission zu den beihilferechtlichen Regelungen gewesen ist. Die Einbaupflicht für elektrische Wärmeerzeuger sei „weder energiewirtschaftlich sinnvoll, noch wird sie dem Charakter von Wärmenetzen als Verbundnetzen gerecht“, kritisiert der VKU. Er erinnert daran, dass es zur Wärmebereitstellung für den Fall, dass die KWK-Anlage abgeregelt werden muss, auch andere Möglichkeiten wie etwa die Solarthermie gebe. In der vorliegenden Form könnten die E-Heizer zu erheblichen Wettbewerbsverzerrungen führen, beispielsweise, wenn mit ihnen im Norden Deutschlands Deckungsbeiträge für eine Vermarktung am Regelenergiemarkt erwirtschaftet würden, die in die Ausschreibung einkalkuliert werden können.
Auf Kritik der betroffenen Verbände stößt auch der Passus, dass bei einer Förderung der Betreiber keine vermiedenen Netzentgelte und keine Steuerbegünstigung nach Stromsteuergesetz mehr in Anspruch nehmen kann. „Dies bedeutet eine erhebliche Verschlechterung für KWK-Anlagen“, kritisiert der BKWK. Und der VKU verweist in seiner Stellungnahme zum Referentenentwurf darauf, dass die Beschränkungen bei der Stromsteuerbefreiung noch beihilferechtlich nachvollziehbar sind; allerdings „handelt es sich bei den vermiedenen Netzentgelten um eine Vergütung dafür, dass auf niederen Netzebenen eingespeist und damit Netznutzung im vorgelagerten Netz reduziert wird“. Und er folgert daraus: „Wir regen deshalb an, Paragraph 8 a, Absatz 4, Nummer 1 zu streichen.“
Veränderte Förderung von Netzen und Speichern
Damit ein möglichst verzerrungsfreies Ausschreibungsergebnis entsteht, hat der Gesetzgeber versucht, in einigen Punkten die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die Ausschreibung anzupassen. Um etwa den investiven Unterschied zwischen neuen und modernisierten KWK-Anlagen im Rahmen zu halten, werden im Leistungsbereich 1 bis 50 MW nur noch Modernisierungen gefördert, die mindestens 50 % der Kosten einer Neuanschaffung betragen. Der BKWK sieht die gemeinsame Ausschreibung von Förderungen für Neuanlagen und Modernisierungen kritisch. Dies führe zu einer Diskriminierung von Neuanlagen, da Modernisierungen kostengünstiger durchzuführen seien. Die Verbände BKWK, Asue und der DVGW regen deswegen in ihrer gemeinsamen Stellungnahme an, Modernisierungen und Neuanlagen getrennt auszuschreiben.
Bei Wärmenetzen und Wärmespeichern bleibt das Förderregime wie bisher grundsätzlich erhalten. Um künftig aber ein Wärme- oder Kältenetz nach dem KWK-Gesetz gefördert zu bekommen, wird ab 2017 bei der im Wärmenetz transportierten Wärmemenge ein KWK-Anteil von 75 % gefordert. Bisher waren 60 % ausreichend. Wärme aus erneuerbaren Energien sowie unter bestimmten Voraussetzungen auch industrielle Abwärme können auf die Wärmequote angerechnet werden, sofern der KWK-Anteil über der 25-%-Marke bleibt.
„In der Praxis bedeutet die Ausgestaltung der Ausschreibung das Ende der industriellen KWK-Förderung im Leistungsbereich von einem bis 50 MW“, folgert Gailfuß. Der hohe administrative Aufwand sowie die Ungewissheit, ob es eine Förderung gibt, könnten dazu führen, dass viele Betreiber versuchen, KWK-Anlagen noch nach dem bisherigen Förderregime zu realisieren. Wer noch in diesem Jahr eine Genehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz erhält oder die KWK-Anlage im Leistungsbereich von 1 MW bis 50 MW bis zum 31. Dezember dieses Jahres verbindlich bestellt hat, erwirbt einen Anspruch auf Zuschlagszahlungen nach bisheriger Gesetzeslage.
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