Schärfere Grenzwerte – aber keine neue TA Luft
Entgegen den bisherigen Ankündigungen soll es keine umfassende Novelle der TA Luft geben. Strengere Emissions-Grenzwerte werden voraussichtlich im Rahmen einer Verordnung geregelt.
Seit fast drei Jahren diskutiere man nun schon in den Gremien über die Inhalte einer Novellierung der Technischen Anleitung Luft (TA Luft), so Heinrich Baas von Caterpillar Energy Solutions GmbH auf der BHKW-Jahreskonferenz in Kassel. Ursprünglich hielten die Umweltbehörden eine Änderung der TA Luft für ausreichend, um die Vorgaben aus Brüssel erfüllen zu können. Seit Anfang Februar 2017 habe sich beim Bundesumweltministerium (BMUB) und dem Umweltbundesamt (UBA) die Auffassung durchgesetzt, dass die europäische Richtlinie für mittelgroße Feuerungsanlagen MCPD (Medium Combustion Plant Directive) im Rahmen einer neuen Verordnung realisiert werden müsse.
Gemäß dem EU-Zeitplan müsste die europäische Richtlinie MCPD, die für Feuerungsanlagen im Leistungsbereich von 1 MW bis 50 MW Feuerungswärmeleistung (Inputleistung) gilt, bis zum 19. Dezember 2017 in deutsches Recht umgesetzt werden. Neu installierte KWK-Anlagen müssten ab dem 20. Dezember 2018 die neuen Grenzwerte einhalten. Für bereits bestehende Anlagen gelten Übergangsvorschriften. Altanlagen mit einer Feuerungswärmeleistung größer 5 MW müssen ab 2025 und mittelgroße Feuerungsanlagen mit einer Leistung unter 5 MW ab 2030 die neuen Grenzwerte einhalten.
Im Herbst 2017 wird voraussichtlich trotzdem eine neue TA Luft in Kraft treten. Die darin festgehaltenen Emissionsgrenzwerte für Verbrennungsmotoren basieren aber bis auf den Formaldehyd-Grenzwert auf den Werten der TA Luft 2002. Für die Umsetzung der europäischen Richtlinie sollen die bisher im Rahmen der TA Luft-Novellierung diskutierten Grenzwerte übernommen werden.
Neue Grenzwerte
Die zukünftigen Vorgaben an motorische BHKW-Anlagen mit einer Feuerungswärmeleistung zwischen 1 MW und 50 MW werden sich auf die Emissionen von Kohlenmonoxid (CO), Stickoxide (NOx), Formaldehyd (HCHO), Gesamtkohlenwasserstoffe (HC) und Ammoniak (NH3) beziehen.
Bei den Grenzwerten für Formaldehyd werden die Grenzwerte aus der Empfehlung der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) von Anfang 2016 übernommen. Der entsprechende Grenzwert liegt für Zündstrahl- oder Magermotoren, die mit Erdgas, Biogas, Gruben- oder Klärgas betrieben werden, bei 30 mg je Normkubikmeter. Neuanlagen, die ab dem 1.1.2020 in Betrieb gehen, müssen einen Grenzwert von 20 mg/m3 einhalten.
Für Altanlagen gelten gemäß LAI-Empfehlung Übergangsvorschriften. Altanlagen, die heute einen Emissionswert von mehr als 40 mg/m3 aufweisen, müssen ab dem 5.2.2018 einen Wert unter 30 mg/m3 nachweisen. Altanlagen, die heute bereits weniger als 40 mg/m3 emittieren, müssen den Grenzwert von 30 mg/m3 erst ab dem 5.2.2019 einhalten.
Gemäß Empfehlung der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) sollen jährlich wiederkehrende Einzelmessungen für Formaldehyd, Stickstoffoxide und Kohlenstoffmonoxid erfolgen. Für BHKW-Anlagenbetreiber ist aber nicht die Empfehlung des LAI sondern die Vorgaben des Genehmigungsbescheids maßgeblich. Daran muss sich der BHKW-Betreiber halten.
Die Änderungen bezüglich der zukünftigen Grenzwerte für Gasmotoren kann der Tabelle entnommen werden, die den derzeit immer noch aktuellen Diskussions-Stand aus dem Dezember 2016 widerspiegelt.
Zündverfahren | Feuerungswärme- leistung |
Kohlemnonoxid (CO) |
Stickoxide (NOx) |
Formaldehyd (HCHO) |
Gesamtkohlen- wasserstoffe (HC) |
Ammoniak | ||||
TA Luft 2002 in mg/m3 (i.N.) |
Novellierung mg/m3 (i.N.) |
TA Luft 2002 in mg/m3 (i.N.) |
Novellierung mg/m3 (i.N.) |
TA Luft 2002 in mg/m3 (i.N.) |
Novellierung mg/m3 (i.N.) |
Novellierung mg/m3 (i.N.) |
Novellierung mg/m3 (i.N.) |
|||
Erdgas | Magermotor | 1 MW bis 50 MW | 300 | 100 | 500 | 100 | 60 | 30 / 20 | 1.300 | 10 |
andere | 1 MW bis 50 MW | 300 | 100 | 250 | 100 | 60 | 30 / 20 | 1.300 | 10 | |
Grubengas | Magermotor | 1 MW bis 50 MW | 650 | 300 | 500 | 500 | 60 | 30 / 20 | 1.300 | 10 |
andere | 1 MW bis 50 MW | 650 | 300 | 250 | 500 | 60 | 30 / 20 | 1.300 | 10 | |
Biogas | Fremdzünder | 1 MW bis 3 MW | 1000 | 300 | 500 | 500 | 40 | 30 / 20 | 1.300 | 10 |
Fremdzünder | > 3 MW bis 50 MW | 650 | 300 | 250 | 500 | 40 | 30 / 20 | 1.300 | 10 | |
Klärgas | Fremdzünder | 1 MW bis 3 MW | 1000 | 300 | 500 | 500 | 60 | 30 / 20 | 1.300 | 10 |
Fremdzünder | 3 MW bis 50 MW | 650 | 300 | 250 | 500 | 60 | 30 / 20 | 1.300 | 10 | |
Deponiegas | Magermotor | 1 MW bis 50 MW | 650 | 300 | 500 | 500 | 60 | 30 / 20 | 1.300 | 10 |
andere | 1 MW bis 50 MW | 650 | 300 | 250 | 500 | 60 | 30 / 20 | 1.300 | 10 | |
Diskussionsgrundlage Dezember 2016 - vorläufige Werte |
Hinsichtlich Kohlenmonoxid (CO) soll für Erdgas-Motoren ein Grenzwert von 100 mg/m3 vorgeschrieben werden. Auch die maximalen NOx-Werte sollen zukünftig bei 100 mg/m3 festgeschrieben werden. Da dieser Wert bei Magermotoren nur mit einem SCR-Katalysator erreicht werden kann, muss in diesem Fällen auch der Ammoniak-Wert im Abgas gemessen werden und darf 10 mg/m3 nicht überschreiten. Neu sind weiterhin die Vorgaben für Gesamtkohlenwasserstoffe (HC). Im Wesentlichen geht es hierbei um das im Abgas enthaltene Methan. Der Maximalwert für HC soll auf 1.300 mg/m3 festgelegt werden.
Bei Nutzung von Sondergasen (Grubengas, Biogas, Klär- und Deponiegas) sollen die Grenzwerte für CO einheitlich auf 300 mg/m3 und für NOx auf 500 mg/m3 bestimmt werden.
SCR-Katalysatoren für Erdgasmotoren
Die deutliche Verschärfung der Grenzwerte für Stickoxid für stationäre Erdgasmotoren wird dazu führen, dass zur Einhaltung der zukünftigen gesetzlichen Vorgaben ein Einsatz von SCR-Katalysatoren erforderlich ist. Dadurch können die Motoren zwar elektrisch effizienter betrieben werden, da die NOx-Emissionen direkt nach der Verbrennung von derzeit 500 mg/m3 auf rund 800 mg/m3 steigen dürfen. Die Reduktion erfolgt aber in einer sekundären Emissionsminderungsvorrichtung durch Eindüsen einer Harnstofflösung und katalytischer Reduktion. Bei der Eindüsung des Harnstoffs bildet sich Ammoniak. Da es passieren kann, dass Ammoniak nicht im Katalysator verbleibt, werden zukünftig auch maximale Ammoniak-Emissionsgrenzwerte vorgegeben.
Die Mehrkosten für Investition, Wartung und Betrieb eines SCR-Katalysators bewegen sich bei einer KWK-Anlage mit 1 MW elektrischer Leistung bei rund 20.000 bis 30.000 Euro pro Jahr. Problematisch dürfte sich die Nachrüstungspflicht für Bestandsanlagen erweisen, da häufig der Platz im Technikraum für den voluminösen SCR-Katalysator sowie den Harnstofftank nicht vorhanden ist.
In Bezug auf den Stickoxid-Ausstoß in Gramm je kWh weist der zukünftige Grenzwert für stationäre Motoren ungefähr den halben Wert der Euro 6-Norm für Benzinmotoren im Kfz-Bereich auf.
Kontrollen
Die europäische Richtlinie für mittelgroße Feuerungsanlagen verpflichtet den Betreiber bei Nutzung einer sekundären Emissionsminderungsvorrichtung (Katalysator) zu Aufzeichnungen hinsichtlich des effektiven kontinuierlichen Betriebs. Aufgrund der Gefahr einer Desaktivierung eines Katalysators oder einer Manipulation wollten die Umweltbehörden eine kontinuierliche Messung vorschreiben. Dies würde u. a. zu erheblichen Mehrkosten für die Anlagenbetreiber führen. Daher haben die Motorenhersteller eine Maßnahmenliste erstellt, um die Vorgaben der Richtlinie zu erfüllen. Neben der jährlichen Überprüfung durch Messungen sollen die relevanten Motorparameter bei der Messung protokolliert und der Aufsichtsbehörde gemeldet werden. Weiterhin soll der Harnstoffbezug dokumentiert und der Katalysator verplombt werden.
Im Rahmen der BHKW-Jahreskonferenz 2017 wurde ausführlich auf die neuen Emissionsgrenzen für BHKW-Anlagen eingegangen
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Ab Herbst 2017 wird eine BHKW-Datenbank mit komfortabler Suchfunktion auf der Seite BHKW-Beispiele.de online sein.
Außerdem können Interessierte in dem BHKW-Kenndaten-Tool 2015 aus einer Datenbank von mehr als 1.300 KWK-Modulen die technischen Daten sowie die Investitionskosten der jeweils interessanten Leistungsgröße heraus suchen.
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