Herrsching | 13. Juni 2017 |

Energiesoli als Alternative zur EEG-Umlage

Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hat in einem „Policy Paper“ Vorschläge zur künftigen Förderung Erneuerbarer Energien (EE) analysiert. Ergebnis: eine Steuerfinanzierung wäre der beste Weg.

Alle Jahre wieder ist die EEG-Umlage Thema, wenn im Herbst ihre Höhe für das kommende Jahr bekanntgegeben wird. Dass die Umlage in ihrer jetzigen Form nicht mehr zeitgemäß ist, scheint inzwischen unumstritten. Die aktuelle IW-Analyse „Der Energiesoli – Alternative Finanzierungsmodelle für die Energiewende“ greift die Diskussion über andere Gestaltungsmöglichkeiten der Erneuerbaren-Förderung auf und betrachtet deren Vor- und Nachteile.

Nachteile der EEG-Umlage liegen demnach in ihren Wettbewerbs- und Anreizwirkungen, der Verteilung der Finanzierungslasten, der Verursachergerechtigkeit und der Planbarkeit. Dabei bezieht das IW einen weiteren Aspekt mit ein: die Auswirkungen auf die Energiewende selbst. Dazu wird festgestellt: „Die Umlage belastet alle Stromverbraucher, unabhängig davon, ob sie erneuerbar oder fossil erzeugten Strom nutzen. Auch die zunehmenden Netzausbaukosten werden auf die Stromverbraucher umgelegt, so dass grüner Strom im Vergleich zu fossilen Energieträgern relativ teuer wird und Projekte zur Sektorkopplung unattraktiv werden.“

 

Geringere Belastung für einkommensschwache Haushalte

Bei der Betrachtung verschiedener Alternativen sei das Konzept einer Haushaltsfinanzierung am überzeugendsten, resümiert Thilo Schäfer, Autor des Policy-Papers. Steuerzahler mit hohen Erträgen und geringem Stromverbrauch würden dadurch höher belastet. Für einkommensschwache Haushalte und Unternehmen mit hoher Stromintensität würde die Belastung sinken. Die erforderlichen Mittel könnten durch einen Aufschlag auf die Einkommens- und Körperschaftsteuer („Energiesoli“) finanziert werden, die EEG-Umlage würde entfallen.

„Die beste Lösung wäre, wenn man den bestehenden Solidaritätszuschlag, der seine Begründung verliert, umwidmet in einen Energie-Soli“, sagte IW-Experte Schaefer zu E&M. „Der große Vorteil ist, dass der Strom, auch der grüne Strom, nicht immer teurer wird und als Produktionsfaktor entlastet wird, auch im Hinblick auf die Sektorkopplung.“

 

Fehlanreize bei Unternehmen würden vermieden

Eine Abkehr von der EEG-Umlage würde aus Sicht des Ökonomen auch problematische Anreize vermeiden wie etwa bei der Besonderen Ausgleichsregelung und dem Eigenverbrauch. So sei für diejenigen Unternehmen im Grenzbereich der Kriterien für die Besondere Ausgleichsregelung „ein Verhalten rational, welches das Erfüllen dieser Kriterien sicherstellt“. Bekanntermaßen haben manche Firmen ihren Stromverbrauch gesteigert, um nicht unter der Grenze für die Vergünstigungen zu liegen.

Die Privilegierung des Eigenverbrauchs verzerre die Investitionsentscheidungen in Erzeugungsanlagen und biete darüber hinaus einer zunehmenden Anzahl von Akteuren die Möglichkeit sich der Finanzierung der EEG-Umlage zu entziehen. „Ein Politikwechsel, der Eigenversorgung vollumfänglich belastet, ist jedoch insofern problematisch, da Strom für die Industrie ein Zwischenprodukt darstellt. Viele Industriebetriebe setzen deshalb traditionell auf Eigenversorgungsmodelle (…)“, heißt es dazu.

 

Fonds oder CO2-Abgabe wäre keine Lösung

Der unter anderem vom ehemaligen Leiter des Potsdamer Institute for Advanced Sustainability Studies (IASS) vorgeschlagene EEG-Fonds wie auch die Variante, die Höhe der EEG-Umlage einzufrieren, löst aus Sicht von Schaefer das Problem nicht. Denn die Finanzierung müsste auch beim Fondsmodell aus dem Haushalt erbracht werden, gegebenenfalls bei einer Streckung über Kredite zu einem späteren Zeitpunkt. Zudem hätte die Auslagerung der Finanzierungssummen für die Erneuerbaren in einen Fonds den Nachteil, dass der politische Druck auf mehr Effizienz sinken könnte, heißt es weiter.

Eine höhere Belastung von Energieträgern mit hohem Schadstoff- oder Treibhausgasausstoß, wie etwa vom Institut für Ökologische Wirtschaftsforschung vorgeschlagen, wäre zwar „mit dem Verursacherprinzip eher zu rechtfertigen als eine zusätzliche Belastung der Stromerzeugung“, so das IW. Dies würde dann aber in einer kompletten Neuordnung der Energiesteuersätze münden, eine politische Durchsetzung erscheine „bestenfalls schrittweise möglich“.

Zu bedenken sei zudem, „dass es Anpassungsreaktionen und Wechselwirkungen mit anderen Instrumenten geben wird“. Dort, wo Unternehmen bereits am europäischen Emissionshandel teilnehmen, könne eine CO2-Steuer Emissionen nur noch verlagern, aber nicht zusätzlich reduzieren, so Schaefer. „Und ohne eine Differenzierung aufgrund der Wettbewerbsintensität droht − wie beim Emissionshandel auch − schlicht die Verlagerung von Emissionen an Standorte, an denen diese Abgaben nicht zu zahlen sind“, also „carbon leakage“.

 

Energiesoli nur für Neuanlagen?

Das aktuell zur Finanzierung der Förderung des Ausbaus erneuerbarer Energien notwendige Finanzierungsvolumen liegt den Angaben zufolge etwa 10 % über dem Aufkommen des Solidaritätszuschlags, Tendenz steigend. „Deshalb ist eine Umwidmung des bestehenden Solidaritätszuschlags als Energiesoli oder die Neuschaffung eines solchen Aufschlags auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer eine transparente und gut darstellbare Variante, um bei einer Haushaltsfinanzierung den zusätzlich entstehenden Finanzierungsbedarf zu decken“, heißt es abschließend.

Weil sich aber ein Wechsel des Systems von heute auf morgen wegen seiner Verteilungseffekte nur schwierig politisch durchsetzen lassen dürfte, hält Schaefer eher eine Teilumstellung des Systems für denkbar, indem alle zukünftigen Neuanlagen aus dem Haushalt finanziert würden. „Damit würde der Finanzierungsbedarf erst langsam ansteigen und nicht zwingend eine direkte Gegenfinanzierung erfordern. Die EEG-Umlage würde dann weiterhin die Bestandsanlagen finanzieren und innerhalb der nächsten 20 Jahre auslaufen.“

Thilo Schaefer: Der Energiesoli – Alternative Finanzierungsmodelle für die Energiewende
Thilo Schaefer: Der Energiesoli – Alternative Finanzierungsmodelle für die Energiewende

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