Herrsching | 9. November 2017 |

Gas soll grüner werden

Um die Rolle von Erdgas beim Klimaschutz zu stärken, setzt die Branche künftig verstärkt auf grüne Gase in ihren Netzen.

Die Erdgaswirtschaft setzt darauf, dass die künftige Bundesregierung wieder verstärkt auf Erdgas für den Klimaschutz zurückgreift. Mit einem „All-Electric-Ansatz“ sei die Energiewende nicht zu schaffen, betonte Jörg Bergmann, Sprecher der Geschäftsführung des Fernleitungsnetzbetreibers Open Grid Europe (OGE), auf einer energiepolitischen Veranstaltung seines Unternehmens in Essen. Wer bei der anstehenden Wärme- und Verkehrswende nur auf Strom setze, gefährde sowohl die Versorgungssicherheit als auch die Akzeptanz der Energiewende. Bergmann: „All Electric geht zu Lasten aller Kunden und ist im Grunde genommen nicht bezahlbar.“

Stattdessen setzt der Ferngasnetzbetreiber auf eine „intelligente Sektorenkopplung“: „Das Gasnetz ist per se CO2-frei, wir müssen durch unsere Rohre nicht nur allein Erdgas transportieren“, sagte Bergmann. Dass die Umstellung auf „grüne Gase“ von der Gaswirtschaft in den vergangenen Jahren vernachlässigt worden ist, räumte Bergmann offen ein: „Da muss von unserer Seite mehr kommen. Das Gas muss einfach grüner werden.“ Er könne sich in vielleicht 20 Jahren einen Anteil von „25 bis 30 Prozent erneuerbarer Gase in unserem System“ vorstellen.

Um dahin zu kommen, müsse die nächste Bundesregierung aber den regulatorischen Rahmen ändern. Power-to-Gas-Anlagen dürften beispielsweise nicht mehr EEG-Umlage und Netzentgelten für den von ihnen genutzten Strom belastet werden. Nur so könne die Wirtschaftlichkeit der Anlagen verbessert werden.

Um zu unterstreichen, dass sich das vorhandene Erdgasnetz und die erneuerbaren Energien ergänzen, arbeitet OGE an einem ersten konkreten Projekt, in dem Wasserstoff direkt in eine Ferngasleitung eingespeist werden soll. „Wir haben ein Einspeiseersuchen eines geplanten Bürgerwindparks aus dem Emsland vorliegen, bei dem der via Elektrolyse in Wasserstoff umgewandelte Überschussstrom in unser Netz eingeleitet werden soll“, beschreibt OGE-Geschäftsführer Thomas Hüwener das Vorhaben. Er befürworte dieses Pilotprojekt. Offen ist noch der Zeitpunkt der Wasserstoff-Einspeisung. „Der Bürgerwindgesellschaft fehlt noch der Zuschlag bei den Ausschreibungen für ihren Windpark, der dann erst noch gebaut werden müssen“, so Hüwener.

 

Neuer Anlauf für Erdgasfahrzeuge

Die OGE-Veranstaltung in Essen nutzte der Volkswagen-Konzern, um mit Partnern einen neuen Anlauf für Erdgasfahrzeuge zu starten. „Bis zum Jahr 2025 soll es auf unserem Straßen eine Million Erdgasfahrzeuge geben, sprich zehnmal mehr als heute, und bundesweit rund 2000 entsprechende Tankstellen“, kündigte Jens Andersen, VW-Konzernbeauftragter für Erdgasmobilität, an. Es setze auf eine Zusammenarbeit zwischen Politik, der Erdgas- und der Automobilwirtschaft. Das habe in der Vergangenheit nicht immer optimal funktioniert.

Eine Einschätzung, die Christoph Dammermann, FDP-Staatssekretär im NRW-Wirtschaftsministerium, teilte: „Bei alternativen Antrieben haben sich die Automobilhersteller nicht mit Ruhm bekleckert. Dass die Deutsche Post nun ihre E-Nutzfahrzeuge selbst baut, ist schon vielsagend.“ Vor wenigen Wochen hatte die neue schwarz-gelbe Landesregierung in NRW ein eigenes Förderprogramm für Elektromobilität vorgelegt. „Dabei allein soll es nicht bleiben“, kündigte Dammermann in Essen an, „wir schauen uns auch den Erdgasantrieb an.“

Das Ziel von einer Mio. Erdgasfahrzeug bis 2025 auf deutschen Straßen hält VW-Stratege Andersen für machbar: „Dieses Ziel ist schneller zu erreichen, als die erhoffte Million Elektrofahrzeuge. Neue Förderprogramme für Erdgasfahrzeuge muss die neue Bundesregierung nach Einschätzung Andersens nicht auflegen: „Die beschlossene Weiterführung des Steuervorteils für Erdgasfahrzeuge bis 2026 halte ich für ausreichend.“ Was stattdessen helfe sei „Aufklärung, Aufklärung und nochmals Aufklärung über die Vorteile von Erdgasautos.“

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