Änderung bei der EEG-Umlage wird KWK-Anlagen ausbremsen
Weil die EU-Kommission die beihilferechtliche Genehmigung verweigert, müssen mehrere tausend KWK-Anlagenbetreiber ab dem 1. Januar 2018 rund 4 Cent/kWh mehr EEG-Umlage auf Eigenstrom zahlen. Zahlreiche neue KWK-Projekte stehen vor dem Aus.
Bereits am 5. Dezember 2017 hatte das BHKW-Infozentrum Rastatt über die ausbleibende beihilferechtliche Genehmigung der Regelungen zur Eigenversorgung im EEG berichtet.
Ursachenforschung
Das Erneuerbare-Energien Gesetz (EEG) sieht einige Sonderregelungen für die Erhebung der EEG-Umlage auf Eigenstromverwendung vor. Diese umfassen u. a. auch Fälle, in denen Betreiber von Stromerzeugungs-Anlagen keine oder geringere EEG-Umlagen entrichten müssen. KWK-Anlagen, die seit dem 1. August 2014 neu in Betrieb genommen wurden oder erstmal eine Eigenversorgung aufgenommen hatten, mussten nach § 61 b Nummer 2 EEG bisher eine anteilige EEG-Umlage für die selbst verwendete KWK-Strommenge in Höhe von 40% abführen.
Da die EU-Kommission in bestimmten Fällen von industriellen Großanlagen über 1 MW elektrischer Leistung mit hohen Eigenverbrauchsquoten eine deutliche Überförderung gesehen hat, wurde die entsprechende Regelung nicht mehr genehmigt.
Aufgrund der ausbleibenden EU-beihilferechtlichen Genehmigung besteht ab dem 1. Januar 2018 ein Vollzugsverbot. Daher muss für den KWK-Strom, der selbst genutzt wird und für den bisher eine EEG-Umlage in Höhe von 40% anfiel, ab dem 1. Januar 2018 die vollständige EEG-Umlage in Höhe von 6,79 Cent/kWh an den Stromnetzbetreiber abgeführt werden.
Betroffene KWK-Anlagen
Betroffen sind alle Betreiber von KWK-Anlagen, die ab dem 1. August 2014 in Dauerbetrieb genommen wurden oder nach diesem Datum erstmals eine Eigenversorgung aufgenommen haben.
Keine Auswirkungen hat die nicht erfolgten Genehmigung auf KWK-Anlagen, die vor dem 1. August 2014 in Betrieb gegangen sind bzw. im Rahmen einer Ersetzung/Modernisierung einer Bestandsanlage den Betrieb nach dem 1.8.2014 wieder aufgenommen haben.
Kleine KWK-Anlagen unter 10 kW unterliegen weiterhin einer Sonderregelung und sind von dem Entfall der 60%-igen EEG-Umlagebefreiung nur in Bezug auf Strommengen über 10.000 kWh pro Jahr betroffen.
Extreme wirtschaftliche Auswirkungen
In der Praxis geht es nicht nur um mehrere tausend Unternehmen, bei denen die Betreiber von KWK-Anlagen für die Eigenstromverwendung ab 2018 rund 4,1 Cent je Kilowattstunde KWK-Strom mehr bezahlen müssen. Auch die Betreiber von KWK-Anlagen in Schulen, Freizeitbädern, Krankenhäusern, Altenheimen, Hotels und Wohngebäuden sind von dem Entfall der teilweisen EEG-Umlage-Befreiung betroffen.
Das BHKW-Infozentrum rechnet mit mehr als 10.000 betroffenen KWK-Anlagen. Je nachdem welcher Anteil des produzierten KWK-Strom im Versorgungsobjekt – also dem Industrie-Unternehmen oder z. B. der Schule – selbst verwendet wird, unterscheiden sich die finanziellen Auswirkungen erheblich. Das BHKW-Infozentrum wird am 19.12.2017 auf seinen Internetseiten im News-Bereich einige Beispielrechnung publizieren.
Betreiber einer KWK-Anlage mit 500 kW elektrischer Leistung in einem Krankenhaus müssen nach der neuen Regelung z. B. pro Jahr rund 140.000,- Euro an zusätzlicher EEG-Umlage an den Netzbetreiber zahlen. Dies entspricht 30-40% der Gesamtinvestitionen für ein solches KWK-Projekt.
Einbruch des KWK-Marktes befürchtet
Für die mehr als 70 Anbieter von KWK-Anlagen in Deutschland könnte die unerwartete Erhebung der vollständigen EEG-Umlage auf die Eigenstromverwendung zur wirtschaftlichen Vollbremsung werden. Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel.
Die Refinanzierungszeit vieler KWK-Anlagen im industriellen Bereich, die bisher mit 3-4 Jahren prognostiziert wurden, weisen nun Kapital-Rückflusszeiten von rund 10 Jahren auf. „Bei derart langen Refinanzierungszeiten wird nahezu kein Industriebetrieb in eine hocheffiziente KWK-Anlage finanzieren“, so Markus Gailfuß vom BHKW-Infozentrum. Auch viele kleinere KWK-Anlagen im kommunalen Bereich lassen sich nicht mehr wirtschaftlich rechnen.
Statt klimaschonender KWK-Anlagen werden in der Realität zukünftig vermehrt stupide Heizkessel eingebaut, welche dann für die nächsten 25-35 Jahre die Wärmebereitstellung im Unternehmen prägen.
Übergangszeit von mindestens einem Jahr
Mit einer schnellen Neuregelung der EEG-Umlage für KWK-Anlagen, die nach dem 1. August 2014 in Betrieb gegangen sind, rechnet das BHKW-Infozentrum nicht.
„Die Erfahrungen der Vergangenheit haben leider gezeigt, dass nach Vorliegen eines Gesetzes zwischen 4 und 12 Monate bis zur beihilferechtlichen Genehmigung vergehen“, so Markus Gailfuß. Ob eine gesetzliche Neuregelung zeitnah realisiert werden kann, erscheint angesichts der problematischen Regierungsbildung in Berlin eher fraglich. Daher erscheine der derzeit als „Worst-Case-Szenario“ dargestellte Termin einer Einigung bis Ende 2018 eher realistisch und alles andere als unwahrscheinlich.
Zusatzkosten im dreistelligen Millionenbereich
Zumindest bis zur Einigung mit der EU-Kommission werden die Betreiber von neuen KWK-Anlagen die volle EEG-Umlage auf die Eigenstromversorgung zahlen müssen. Ein rückwirkendes Inkrafttreten der beihilferechtlichen Genehmigung erscheint sehr unwahrscheinlich.
Die zusätzlichen Kosten für die Begleichung der vollständigen EEG-Umlage dürften sich laut Prognose des BHKW-Infozentrums Rastatt allein für das Jahr 2018 im unteren dreistelligen Millionenbereich bewegen.
Hinzu kommt, dass der Vertrauensverlust aufgrund des zumindest temporären Wegfalls der Umlage-Befreiung in den Aufsichtsräten und den Geschäftsführungen ihre nachhaltige Spuren hinterlassen und zukünftige Projekte im Bereich einer effizienten Energieversorgung erschweren wird.
Wenn aber die Kommissions-Entscheidung endlich vorliegen sollte, ist diese für viele Jahre bindend.
Bis zur Neukonzeption der EEG-Umlage auf Eigenstromverwendung werden aber die KWK-Branche, manch kaufmännische Leiter eines Krankenhauses und auch viele Geschäftsführer von Industrie- und Gewerbebetriebe eine wirtschaftlich unruhige Zeit durchleben. Daher sollte es insbesondere für ein Wirtschaftsministerium von besonderer Bedeutung sein, schnellstmöglich eine Einigung in dieser prekären Situation herbeizuführen.
UPDATE vom 8. Mai 2018
Am 8. Mai 2018 hat das BMWi in einer Pressemeldung die grundsätzliche Einigung mit der EU-Kommission in Bezug auf die Höhe der EEG-Umlage für KWK-Neuanlagen verkündet.
Weitere Informationen sind dem Bericht "Einigung bei der EEG-Umlage" zu entnehmen.
UPDATE vom 10. Juli 2018
Mit Beginn der parlamentarischen Sommerpause am 9. Juli 2018 steht fest, dass das Gesetz mit der Neuregelung der EEG-Umlage auf Eigenstromverwendung für neue KWK-Anlagen frühestens im Oktober 2018 oder November 2018 im Bundestag verabschiedet wird. Immer noch liegt kein abgestimmter Referentenentwurf des Gesetzes vor. Die 100% EEG-Umlage auf Eigenstromverwendung bei neuen KWK-Anlagen wird daher voraussichtlich bis Frühjahr 2019 bestehen bleiben. Weitere Informationen sind dem Bericht "EEG-Umlage von 100% auf Eigenstromversorgung bis 2019" zu entnehmen.
Antworten auf wichtige Fragestellungen rund um die EEG-Umlage auf Eigenstrom aus neuen KWK-Anlagen
BHKW-Infozentrum
Seit 1999 informiert die BHKW-Infozentrum GbR auf zahlreichen Webseiten sowie in Fachzeitschriften über neue Technologien im Bereich alternativer und regenerativer Energieerzeugung mittels Blockheizkraftwerken (BHKW). Außerdem werden die Veränderungen der gesetzlichen Rahmenbedingungen für BHKW-Anlagen und Anlagen der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) erläutert.
Zukünftig wird eine BHKW-Datenbank mit komfortabler Suchfunktion auf der Seite BHKW-Beispiele.de online sein.
Außerdem können Interessierte in dem BHKW-Kenndaten-Tool 2015 aus einer Datenbank von mehr als 1.300 KWK-Modulen die technischen Daten sowie die Investitionskosten der jeweils interessanten Leistungsgröße heraus suchen.
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