Rastatt | 30. Oktober 2018 |

Beginnt der Rollout intelligenter Messsysteme im Februar 2019?

Smart Meter zählen als wichtiger Baustein zur Realisierung der Energiewende. Die Digitalisierung der Energiewende scheitert aber derzeit an der Tatsache, dass keine zertifizierten Gateways erhältlich sind. Dies soll sich bis Anfang 2019 ändern.

Das Messstellenbetriebsgesetz ist bereits im September 2016 in Kraft getreten. Der Rollout intelligenter Messsysteme mit Smart Meter Gateways verzögert sich aber schon seit Jahren. Für den 31. Januar 2019 wurde nun eine Marktanalyse angekündigt, mit der der schon lang ersehnte offizielle Startschuss des Pflicht-Rollout intelligenter Messsysteme fallen könnte.

Über den aktuellen Sachstand hat Fritz Wilhelm von der Fachzeitschrift „Energie&Management“ in zwei Beiträgen berichtet. Diese Fachbeiträge mündeten in diesen ausführlichen Bericht über die ersten Anzeichen eines beginnenden Rollouts – sowie die damit einhergehenden Fragestellungen.

BSI rechnet mit zertifizierten Gateways im Dezember

Im Rahmen der diesjährigen ZVEI Metering Days in Fulda erklärte Dennis Laupichler, Referatsleiter Cyber-Sicherheit für die Digitalisierung der Energiewende beim Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), nach den gegenwärtigen Planungen rechne die Behörde im Dezember 2018 mit den ersten erfolgreich abgeschlossenen Zertifizierungen. Derzeit laufen laut Laupichler die letzten Funktionstests und Schwachstellenanalysen.

Für den 31. Januar 2019 kündigte er eine Marktanalyse an, in der sich das BSI ein Bild davon verschafft, ob alle Anforderungen an die Wertschöpfungskette − Zähler, Gateway, Gateway-Administrator und Backendsysteme – umgesetzt sind und inwieweit die Wertschöpfungskette selbst für verschiedene Anwendungsfälle ausgeprägt ist. Dabei fasst das BSI beispielsweise den aktuellen Status der Produktzertifizierung nach den Schutzprofilen und den sogenannten Technischen Richtlinien zusammen, wie dies vom Messstellenbetriebsgesetz vorgegeben ist.

BSI kündigt Marktanalyse im Jahresrhythmus an

Über die Marktanalyse stellt das BSI fest, ob zertifizierte Smart Meter Gateways für bestimmte Anwendungsfälle am Markt verfügbar sind. Sie ist Grundlage für die Erklärung der sogenannten Technischen Möglichkeit, mit der offiziell die Rollout-Verpflichtung der grundzuständigen Messstellenbetreiber beginnt.

Laupichler zeigte sich optimistisch, dass bis zum 31. Januar auch tatsächlich die vom Gesetz geforderten drei Hersteller den Zertifizierungsprozess erfolgreich durchlaufen haben. Grundsätzlich könne die Marktanalyse aber auch anlassbezogen erfolgen und immer wieder aktualisiert werden, wenn weitere Hersteller ihren Zertifizierungsprozess abgeschlossen haben.

Darüber hinaus plane das BSI, in den folgenden Jahren turnusmäßig Ende Januar eine Marktanalyse zu veröffentlichen, so Laupichler.

Feststellungserklärung des BSI ist entscheidend

Mit welchen Geräten dürfen welche Metering-Dienstleistungen erbracht werden, solange es noch keine vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zertifizierten Gateways gibt? Aus juristischer Sicht ist das eine spannende Frage, wie jüngst ein Webinar des Bundesverbandes Neue Energiewirtschaft (BNE) gezeigt hat.

Da die im Messstellenbetriebsgesetz als "intelligentes Messsystem" bezeichnete Kombination aus elektronischem Zähler und zertifiziertem Gateway als Kommunikationsmodul heute noch nicht möglich ist, verbinden Metering-Dienstleister ihre Zähler mit nicht zertifizierten Gateways oder Modems. Ubitricity und Discovergy lieferten dazu Beispiele im Webinar, weitere hat der BNE in seinem Leitfaden „Geschäftsmodelle und Rechtsrahmen der digitalen Energiewende“ zusammengetragen.

 „Es gibt noch keine technische Möglichkeit“

Noch gibt es keine Einschränkung für die Verwendung von freien Messsystemen. Dies sieht jedoch anders aus, wenn die technische Möglichkeit zum Einbau eines intelligenten Messsystems vorliegt. Diese ist laut Messstellenbetriebsgesetz gegeben, wenn mindestens drei voneinander unabhängige Unternehmen intelligente Messsysteme mit zertifizierten Smart Meter Gateways am Markt anbieten und das BSI eine entsprechende Feststellung erlassen hat.

Der Knackpunkt dieser Formulierung sei der Begriff „Feststellung“, sagte Sebastian Schnurre im Webinar. „Fest steht, dass dies ein Verwaltungsakt sein wird“, so der Rechtsanwalt der Kanzlei Assmann Pfeiffer und Autor des BNE-Leitfadens. Wie dieser Verwaltungsakt letztlich aussehen werde, sei aber noch keinesfalls klar. „Entsprechend gibt es noch keine technische Möglichkeit“, betonte der Jurist.

Erst mit der Feststellung der technischen Möglichkeit beginnt für den grundzuständigen Messstellenbetreiber die Rollout-Pflicht. Dies bedeutet, dass er innerhalb von drei Jahren 10 % der verpflichtend einzubauenden intelligenten Messsysteme installieren muss. Wie viele das jeweils sind, ergibt sich aus dem Messstellenbetriebsgesetz, das dafür den Jahresstromverbrauch als Kriterium heranzieht. Kommt der Messstellenbetreiber seiner Pflicht nicht nach, verliert er seine Grundzuständigkeit und seine Messstellen werden ausgeschrieben.

Es kommt auf den Anwendungsfall an

Eine der Ausnahmen von der Rollout-Pflicht hat für den Wettbewerb im derzeit noch nicht so wettbewerbsintensiven Messwesen weitreichende Konsequenzen. Denn wenn ein Kunde jetzt bereits ein freies Messsystem eines wettbewerblichen Messstellenbetreibers nutzt, genießt dieses Gerät Bestandsschutz. Die Folge: Die Messstelle wird erst gar nicht in die Pflicht-Rollout-Quote eingerechnet. „Ab dem Einbau des Messsystems ist die Messstelle für acht Jahre geschützt“, sagte Schnurre im Gespräch mit E&M.

Wenn allerdings der spezifische Anwendungsfall, um den es geht, innerhalb dieser acht Jahre von einem zertifizierten Gerät abgebildet werden kann, muss der wettbewerbliche Messstellenbetreiber spätestens zum Ablauf der Frist ein solches auch einbauen“, so der Anwalt. Ansonsten würde er die Messstelle wieder verlieren.

Es kommt also auch darauf an, ob die Zertifizierung einen bestimmten Anwendungsfall abbildet. Angesichts des aktuellen Zertifizierungsverfahrens gehen Marktteilnehmer, Juristen und Berater jedoch davon aus, dass nicht alle 13 Tarifanwendungsfälle, die in den sogenannten Technischen Richtlinien genannt sind, von der ersten Feststellungserklärung des BSI erfasst sein werden. Nach Schnurres Einschätzung werden daher Ausnahmen für freie Messsysteme weiter erhalten bleiben, auch wenn die ersten zertifizierten Gateways am Markt verfügbar sind.

Nach seiner Auffassung spiegelt sich der Wille des Gesetzgebers am deutlichsten im „Konzept der einsatzbereichsbezogenen Weiterentwicklung“ wider. Dieses war nicht im ursprünglichen Gesetzesentwurf enthalten, sondern stammt aus der Beschlussempfehlung des Bundestagsausschusses für Wirtschaft und Energie zum Entwurf des Digitalisierungsgesetzes (BT-Drs. 18/8919, S. 25). Es besagt, dass die Einbaupflicht erst dann greift, wenn für einen jeweils konkreten Anwendungsfall die technische Möglichkeit des Einbaus gegeben ist.

Zumindest bis zur ersten Feststellung dürfte die Rechtsunsicherheit kaum abnehmen. Sie wird wohl erst dann beseitigt sein, wenn der Verwaltungsakt der Feststellung durch das BSI tatsächlich ergangen ist und Bestandskraft erlangt hat – oder wenn über den Klageweg Klarheit geschaffen wurde.

Intensivseminar zum Messstellenbetriebsgesetz
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