Herrsching | 29. Januar 2019 |

Endlich Klarheit bei Kohleausstieg – zumindest vorläufig

Die Kohlekommission hat einen Kompromiss über ein Kohleausstiegskonzept zustande gebracht. 2038 als Enddatum – damit gibt es eine klare Perspektive.

Viel Lob, aber auch Kritik gibt es an dem in einer Mammutsitzung von fast 21 Stunden erzielten Einigung der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“, die in dem rund 130 Seiten umfassenden, E&M vorliegenden Endbericht festgelegt ist. „Ein historischer Kraftakt“ sei dies gewesen, sagte der CO-Kommissionsvorsitzende Roland Pofalla.

Die wesentlichen Punkte des Konzeptes, das von der Bundesregierung in Gesetze gegossen werden muss: Spätestens bis 2038 soll das letzte Kohlekraftwerk in Deutschland abgeschaltet sein. Weil für den Klimaschutz ein schneller Einstieg in den Ausstieg nötig ist, sollten in Nachholung des 2020-Ziels sowie um die CO2-Emissionen bis 2030 signifikant zu reduzieren, bis 2022 bereits 12,5 GW Kohlekapazität vom Netz gehen. Das ist rund ein Viertel der bestehenden Kapazität.

Davon sind 3 GW Braunkohle und 4 GW Steinkohle, also die schon seit den Jamaika-Verhandlungen immer wieder genannten 7 GW, der Rest sind ohnehin aus Altersgründen ausscheidende Anlagen. Neue Kohlekraftwerke soll es nicht geben. Die Kommission bekräftigt zwar, dass die gesamte Kohlekapazität bis 2030 um die Hälfte geschrumpft werden muss, einen konkreten Plan für den Zeitraum ab 2023 gibt es jedoch nicht.

Die Kraftwerksbetreiber sollen für die Stilllegungen Entschädigungen erhalten, über die die Bundesregierung mit ihnen verhandeln muss. Dem Vernehmen nach sollen zunächst Kraftwerke in Nordrhein-Westfalen abgeschaltet werden und damit vor allem Braunkohlemeiler von RWE im Rheinischen Revier.

Zu den von der Kommission empfohlenen Maßnahmen gehören außerdem unter anderem: ein Ausgleich für Stromverbraucher wie auch eine Verstetigung und Fortentwicklung der ETS-Strompreiskompensation, die Weiterentwicklung und Fortführung der Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung bis 2030, eine Beschleunigung der Genehmigungsverfahren für neue Gaskraftwerke, adäquate Nutzung der Reservekraftwerke sowie eine Reform des Entgelt- und Abgabensystems. Auch eine CO2-Bepreisung in den Nicht-ETS-Sektoren wird nahegelegt.

Wichtiger Punkt waren die Strukturhilfen, die die Kohleländer Nordrhein-Westfalen, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Sachsen vehement eingefordert hatten. Der Bund soll ihnen dafür über 20 Jahre insgesamt 40 Mrd. Euro zur Verfügung stellen (2 Mrd. Euro pro Jahr), wovon 13 Mrd. direkt in die Regionen fließen sollen. 7 Mrd. Euro sollen an die Länder gehen. Die genannten Maßnahmen und ihre Umsetzung sollen im Jahr 2023, 2026 und 2029 von einem unabhängigen Expertengremium hinsichtlich der Ziele umfassend evaluiert werden, um gegebenenfalls nachzujustieren.

Lob vom BDEW

Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sieht mit dem Konzept die Versorgungssicherheit wie auch die Erreichung der Klimaschutzziele für 2030 gewährleistet. Die Bundesregierung werde die Vorschläge der Kommission „sorgfältig und konstruktiv prüfen“ kündigte er in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung an. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) wie auch der sächsische Regierungschef Michael Kretschmer (CDU) zeigten sich zufrieden. Kretschmer lobt insbesondere die Finanzhilfen. „Wir haben ein klares Raster für die nächsten 20 Jahre“, so Haseloff.

Auch in der Energiewirtschaft freut man sich darüber. „Für den Energiesektor gibt es jetzt einen klaren, realistischen wie auch ambitionierten energie- und klimapolitischen Pfad“, kommentiert BDEW-Präsidentin Marie-Louise Wolff. Die Energiewirtschaft stehe bereit, auf Grundlage dieses Kompromisses die Energiewende „mit erhöhter Kraft zum Erfolg zu führen“.

BDEW-Hauptgeschäftsführer Stefan Kapferer, selbst Kommissionsmitglied, betont: „Klar ist aber auch: Die ambitionierte zusätzliche Reduktion an gesicherter Leistung bis 2022 erfordert rasche Investitionen in Versorgungssicherheit.“

Umweltverbände kritisieren das Enddatum 2038 als zu spät, tragen den Beschluss aber mit, „weil er den jahrelangen Stillstand in der deutschen Klimapolitik aufbricht und den überfälligen Ausstieg aus der Kohle einleitet“, so der Bund für Umwelt und Naturschutz.

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