Herrsching | 1. März 2019 |

Beitrag von Biomasse zum Klimaschutz und zur Energiewende

Wie und in welchen Umfang sollte Bioenergie zur Dekarbonisierung genutzt werden? Mit den Potenzialen, Technologien und Zielkonflikten hat sich ein Wissenschaftsprojekt beschäftigt.

„Vermaisung“ von Agrarflächen, Abholzung, Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion – diese Stichworte der Diskussion über die energetische Nutzung von Biomasse sind allseits bekannt. Zugleich ist Bioenergie der vielseitigste Energieträger unter den Erneuerbaren – kann mit ihr doch Strom, Wärme oder auch Kraftstoff hergestellt werden. Zugleich kann sie flexibel eingesetzt werden.

Diese Feststellungen beschreiben das Spannungsfeld beim Thema Bioenergie, das eine Arbeitsgruppe des Akademienprojektes „Energie der Zukunft“ (Esys) untersucht und dazu nun eine ausführliche Stellungnahme vorgelegt hat.

300 TWh Potenzial aus Rest- und Abfallstoffen in Deutschland

Erste Prämisse der Wissenschaftler: Wegen des beschränkten Potenzials sollte Biomasse in jedem Fall nachhaltig produziert und eingesetzt werden. „Über elf Millionen Anlagen gibt es in Europa“, konstatiert Daniela Thrän vom Helmholtzzentrum für Umweltforschung, „da sollte man eine klare Strategie entwickeln“. Weil die verfügbaren Flächen schon weitgehend genutzt sind, empfehlen die Wissenschaftler Bioenergie stärker aus Rest- und Abfallstoffen herzustellen.

In Deutschland sehen sie dafür ein Potenzial von etwa 300 TWh (300 Mrd. kWh). 7 bis 9 % des Primärenergieverbrauchs könnten damit laut den Angaben abgedeckt werden. Würden signifikante Energieeinsparungen realisiert, wären es 2050 bis zu 17 %. Benötigt werden dafür Technologien, die anfallenden Rest- und Abfallstoffe (zu denen auch Restholz gehört) energetisch zu verwerten.

Umweltbundesamt sieht nur geringes Potenzial

Genutzt werden sollte die Bioenergie nach Ansicht der Esys-Experten wegen des beschränkten Potenzials vorwiegend zur Produktion von Kraftstoffen für Lkw, Schiffe und Flugzeuge sowie zur Wärmeerzeugung in der Industrie. Das Umweltbundesamt (UBA) meldet zur Frage der Kraftstoffe jedoch Widerspruch an: „Power-to-Liquid ist aus unserer Sicht deutlich vorteilhafter“, zumal der Bedarf durch die starken Wachstumsraten beim Flugverkehr steigen werde, sagte UBA-Expertin Carla Vollmer bei der Diskussion über die Esys-Vorschläge.

„Das UBA bezweifelt, dass es sich um ein erhebliches Potenzial handelt, im Gegenteil: es ist sehr begrenzt“, betonte sie. Verschiedene Anwendungsbereiche würden um die Nutzung der Biomasse konkurrieren, das bereite unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit „Sorge“. Thrän widerspricht: Wenn die Bioenergie etwa 10 % zur künftigen Energieversorgung beitrage, sei es „nicht richtig zu sagen, das sei nicht relevant“.

Joachim Hein vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) plädiert dafür, mit Blick auf die CO2-Vermeidungskosten „die Biomasse viel mehr in die Industrie zu packen – sie ist wesentlich günstiger als die Elektrowärme“.

BECCS als Option erforschen

Die Esys-Experten halten es auch für notwendig, CO2-Entnahmetechnologien mit Bioenergie zu erforschen (BECCS). „Wir sollten in den nächsten Jahrzehnten beginnen, negative Emissionen zu erzeugen“, sagt der Agrarökonom Gernot Klepper vom Kieler Institut für Weltwirtschaft. Das halte auch der Weltklimarat für erforderlich.

Voraussetzung sei jedoch, betonen die Esys-Wissenschaftler, dass die umstrittene CCS-Technologie von der Bevölkerung akzeptiert werde. Dafür sollte eine breite gesellschaftliche Diskussion angestoßen und dazu alle beteiligten Akteure auf einer Plattform zusammengebracht werden.

Jenny Walther-Thoß vom WWF hält gar nichts von BECCS. Diese „Scheindebatte“ solle nur davon ablenken, dass es gelte, „radikale politische Entscheidungen“ zu treffen, den Primärenergiebedarf zu senken. Sinnvoller sei CCU, also die Nutzung von abgeschiedenem CO2. Dazu gebe es bereits über 70 Projekte in Deutschland.

CO2-Preis als Steuerungsinstrument

Als Anreiz für eine möglichst klimafreundliche Herstellung und Nutzung von Bioenergie schlagen die ESYS-Wissenschaftler vor, einen einheitlichen, ausreichend hohen CO2-Preis als Steuerungsinstrument zu etablieren. Dieser sollte idealerweise alle Treibhausgase in allen Wirtschaftssektoren umfassen, das heißt, auch die Emissionen aus der Landwirtschaft.

Für die künftige Nutzung von Bioenergie nennt Expertin Thrän drei zentrale Punkte, über die entschieden werden müsse: 1. Wird KWK (mit Biomasse) als eine tragende Säule der Energiewende etabliert? 2. Gelingt es, Biokraftstoffe zur Marktreife zu bringen? Und 3. die Frage von CCS.

Die Stellungnahme „Biomasse im Spannungsfeld zwischen Energie- und Klimapolitik – Strategien für eine nachhaltige Bioenergienutzung“ ist auf der Esys-Homepage abrufbar.

Die Stellungnahme „Biomasse im Spannungsfeld zwischen Energie- und Klimapolitik – Strategien für eine nachhaltige Bioenergienutzung“
Die Stellungnahme „Biomasse im Spannungsfeld zwischen Energie- und Klimapolitik – Strategien für eine nachhaltige Bioenergienutzung“

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