Herrsching | 9. März 2020 |

Umweltministerium sieht Wasserstoff eher in der Nische

Das Bundesumweltministerium sieht Wasserstoff nicht als Lösung im großen Rahmen. Auch der Lkw-Hersteller MAN setzt nicht darauf, so der Tenor einer Veranstaltung.

Das musste Harald Kohl, zuständig für „Grundsatzangelegenheiten des Klimaschutzes“ im Bundesumweltministerium, doch noch klarstellen: „Es gibt bei uns keine Skepsis gegenüber Wasserstoff“, sagte er auf einer Veranstaltung des Verbandes der bayerischen Wirtschaft (VBW) in München. Doch er macht durchaus deutlich, dass sein Haus die Bedeutung von Power-to-X (PtX), also die Umwandlung von Strom in Gase wie Wasserstoff oder in flüssige Kraftstoffe, nicht als allzu hoch ermesse. Für bestimmte Sektoren sei Wasserstoff sinnvoll.

Wenn es um die Reduktion von Prozessemissionen in der Industrie gehe, würden Power-to-X und Wasserstoff eine zentrale Rolle spielen, sagte Kohl. „Aber seien wir doch ehrlich, dass PtX nicht die Lösung sein kann“, mit Betonung auf „die“. Viele Sektoren in Deutschland reklamierten Wasserstoff aus erneuerbaren Energien als emissionsfreie Alternative zu fossilen Prozess- und Brennstoffen, beispielsweise die Industrie aber auch die Landwirtschaft.

„Auch erneuerbaren Energien sind ein knappes Gut“

Rechne man zusammen, was die einzelnen Sektoren an Wasserstoffe benötigten, um wesentliche CO2-Einsparungen zu erzielen, „so brauchen wir viel mehr Wasserstoff, als Deutschland produzieren könnte“, so Kohl. „An dieser Stelle müssen wir feststellen: Auch erneuerbaren Energien sind ein knappes Gut.“ Es gebe eine Obergrenze wie viel Wasserstoff in Deutschland produziert werden könne. Natürlich lasse sich aus dem Ausland Wasserstoff zukaufen, allerdings sei hier unverzüglich die Frage der Nachhaltigkeit der Produktion in den betreffenden Ländern zu stellen.

Der Einsatz von PtX sollte laut Kohl auf die Bereiche beschränkt sein, in denen der Einsatz von Ökostrom nicht möglich ist − „Stichwort Stahlindustrie, Stichwort Chemieindustrie“ − und dort, wo man flüssige Brennstoffe braucht wie im Luft- und Seeverkehr.

Daher habe das Ministerium auch Bedenken, wenn gefordert werde, ganze Systeme und Industrieprozesse auf Wasserstoff umzustellen. „Wo kommt dieser ganze Wasserstoff her?“ Aus Sicht des Bundesumweltministeriums müsse es grüner Wasserstoff sein, der zu 100 % aus erneuerbaren Energien kommt. Um diesen zu produzieren, brauche es erneuerbare Anlagen, die wiederum errichtet werden müssen. Man sei nicht gegen Power-to-X. „Wir haben eher systemische Bedenken.“

Kirsten Broecheler, Leiterin Politik- und Regierungsbeziehungen beim Lkw-Hersteller MAN, argumentierte bei der Veranstaltung vergleichbar. „Wir bei MAN haben viel an Wasserstofffahrzeugen geforscht, uns dann aber entschieden, nicht in Serie zu gehen.“ Vor allem der notwendige Energieeinsatz, um Wasserstoff herzustellen, sei sehr hoch im Vergleich zu einem elektrisch betriebenen Fahrzeug.

„Für MAN ist die Elektrifizierung die primäre Technologie“

Für das Unternehmen sei es nur konsequent, auf eine Technologie zu setzen. Deshalb setze man bei der VW-Tochter auf E-LKW: „Für MAN ist die Elektrifizierung die primäre Technologie.“ Vor allem weil die Infrastruktur dort schon weiter fortgeschritten sei. Bei Wasserstoff stelle sich zudem die Frage, wo die benötigten Wasserstoffmengen herkommen sollen. In Deutschland sei die Infrastruktur dafür gar nicht vorhanden und die Ressourcen für die Herstellung wohl nicht ausreichend.

Hans-Jörn Weddige, Konzernkoordinator Energie-, Klima- und Umweltpolitik bei der Thyssenkrupp AG, warnte vor einem Verteilungsproblem in Sachen Wasserstoff. Er sei froh, dass MAN nicht in die Wasserstoffantriebe investiere. „Das Problem bei der Stahlerzeugung ist, wir haben zu Wasserstoff keine technologische Alternative. Das ist der Grund, warum wir so auf Wasserstoff setzen.“

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