Herrsching | 28. Juli 2020 |

Rückbau beim Biogas beginnt

Die installierte elektrische Leistung der Biogasanlagen in Deutschland hat 2019 ihren Höhepunkt erreicht; davon geht der Fachverband Biogas aus.

Nach den am 23. Juli in Freising bei München vorgestellten aktuellen Branchenzahlen erreichte die installierte elektrische Leistung des deutschen Biogas-Anlagenparks im vergangenen Jahr erstmals die Marke von 5.000 MW. Allerdings sei 2020 mit einem Rückbau im Anlagenbestand und damit auch mit einer Reduzierung der aus Biogas erzeugten Strommenge zu rechnen.

33,33 Mrd. kWh klimafreundlichen Strom haben die gut 9.500 deutschen Biogasanlagen 2019 erzeugt, was den Bedarf von über 9,5 Mio. Haushalten deckt. Zusätzlich haben sie knapp 13 Mrd. kWh Wärme bereitgestellt. Die Strommenge entspricht laut Fachverband Biogas einem Viertel der deutschen Stromerzeugung aus regenerativen Quellen.

„Die Biogasbranche steht aktuell für eine verlässliche und speicherbare regenerative Energieversorgung zur Verfügung“, sagte Horst Seide, der Präsident des Fachverbandes Biogas, bei der Vorstellung der Biogas-Branchenzahlen. „Aber wir müssen der Tatsache ins Auge sehen, dass ab jetzt der faktische Rückbau der Biogasanlagen-Kapazität beginnt.“

Standen 2019 den knapp 100 Neuanlagen nur 15 Stilllegungen gegenüber, erwartet der Verband für 2020 erstmals seit dem Inkrafttreten des EEG einen signifikanten Rückgang im Anlagenbestand und damit auch in der Strom- und Wärmebereitstellung. Bei etwa der gleichen Zahl von Neuanlagen werde es in diesem Jahr voraussichtlich 250 Stilllegungen geben. Das entspräche einem Netto-Rückbau von über 160 Anlagen. Die arbeitsrelevante Leistung sinke dadurch von 3.810 auf 3.794 MW ab. Darüber hinaus deute sich auch ein geringerer Zubau flexibler Leistung an.

Die Wärmenetze werden abgehängt

„Wir stehen mit der Biogasnutzung in Deutschland an einem Kipppunkt“, warnte deshalb Simone Peter, Präsidentin des Bundesverbandes Erneuerbare Energie (BEE). In den nächsten Jahren werden viele funktionstüchtige Anlagen zur Erzeugung von erneuerbarem Strom nach 20 Jahren aus dem EEG fallen.

Peter fordert deswegen: „Wir brauchen für neue, aber auch für alte, noch funktionstüchtige Anlagen, für die es ab 2021 keine EEG-Vergütung mehr gibt, einen fairen Marktzugang. Denn sie sind nicht nur energiewirtschaftlich relevant, sondern gerade auch für den Klimaschutz.“ Aktuell vermeiden Biogasanlagen nach Angaben des Verbandes pro Jahr über 20 Mio. t CO2.

Darüber hinaus verwies Verbandspräsident Seide auf die zahlreichen Wärmenetze, die aus Biogasanlagen gespeist werden. Wenn die Biogasanlage nicht mehr weiter mache, bestehe die Gefahr, dass deren Wärme durch fossile Energie ersetzt werde.

Durch den sich abzeichnenden Rückgang bei den Bestandsanlagen ergeben sich auch weitreichende Folgen für die im Service und im Anlagenbau tätigen Unternehmen. Deren Hauptbetätigungsfelder verlagerten sich zunehmend ins Ausland, etwa nach Frankreich, wo aktuell neue ambitionierte Ausbauziele für Biogas und Biomethan gesetzt würden.

Um der Branche für die Zukunft eine Perspektive zu geben, fordert der Fachverband Biogas schnellstmöglich eine Stabilisierung und Weiterentwicklung des Anlagenbestandes über eine Anpassung der Ausschreibungsvolumina und der Ausschreibungsverfahren, außerdem eine Weiterentwicklung der Vergütungen für Güllevergärungsanlagen sowie die Abschaffung des Flex-Deckels im EEG.

„Die Bundesregierung muss mit der in diesem Herbst geplanten EEG-Novelle eine klare Entscheidung für eine verlässliche, erneuerbare Energieversorgung und einen starke inländische Biogasindustrie treffen“, resümierte der Verbandspräsident.

Webseite der Fachzeitschrift "Energie & Management"
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