BHKW-Ranking 2024 - Unklarheiten bremsen KWK-Markt aus
Wie das BHKW-Ranking 2023/2024 zeigt, legt das Inlandsgeschäft 2023 wieder zu, doch unklare Perspektiven beim Wasserstoff und komplexe Regulierungen bremsen den Markt weiter.
Das Öko-Institut hat auch 2024 seine jährliche Umfrage unter in Deutschland tätigen BHKW-Unternehmen durchgeführt. Ziel der Erhebung ist es, sowohl qualitative Einschätzungen als auch Marktdaten für das abgelaufene Jahr zu sammeln. Anders als rein quantitative Erhebungen, wie sie im Marktstammdatenregister (MaStR) zu finden sind, liefert diese Umfrage zusätzliche Einblicke in die gegenwärtige Marktentwicklung und die Erwartungen der Branche für das laufende als auch das nächste Jahr.
Im Jahre 2024 nahmen 18 Unternehmen an der Befragung (BHKW-Ranking) teil, wobei Informationen zu Anzahl und Leistung der verkauften Module sowie zu den Brennstoffen abgefragt wurden. Als „Anlage“ wird dabei jeweils ein verkauftes Modul verstanden. Die große Mehrheit der Unternehmen − siebzehn von achtzehn − hat der Veröffentlichung ihrer Daten zugestimmt.
Die Teilnehmerzahl der Umfrage variiert jährlich. Im Jahre 2024 sind zwei Unternehmen nach längerer Abwesenheit wieder vertreten, während vier andere aus dem Vorjahr nicht teilnahmen. Gründe für die Entscheidung, nicht teilzunehmen, könnten in unvollständigen Datensätzen bis zum Stichtag oder in mangelnden personellen Ressourcen liegen.
Wichtige Marktakteure mit hohen Verkaufszahlen bleiben hingegen verlässliche Teilnehmer des BHKW-Rankings, so dass ein kontinuierlicher Vergleich über die Jahre hinweg möglich ist. Dies trägt zur Aussagekraft der Ergebnisse bei und ermöglicht eine fundierte Analyse langfristiger Trends innerhalb der BHKW-Branche.
Erstmals Vergleich im BHKW-Ranking mit dem Marktstammdatenregister
In diesem Jahr wurde erstmals ein Vergleich der Umfrageergebnisse mit den Daten des Marktstammdatenregisters durchgeführt. Grafik 1 zeigt den bereinigten Absatz der teilnehmenden Unternehmen im Vergleich zu den im jeweiligen Jahr in Betrieb genommenen Anlagen aus dem MaStR. Die Analyse basiert auf den MaStR-Daten vom 5. August 2024. Verglichen wurden KWK-Anlagen sowie EEG-Biomasseanlagen mit einer Nennleistung von ≤ 20 MWel.
Die Ergebnisse zeigen, dass die Zahlen der Umfrage (BHKW-Ranking) weitgehend mit den jährlichen Zubauzahlen übereinstimmen. Eine exakte Übereinstimmung ist jedoch nicht möglich, da die Umfrage keine Vollerhebung darstellt. Zudem erfasst die Umfrage das Jahr des Absatzes, das nicht zwangsläufig mit dem Inbetriebnahmejahr übereinstimmt.
Aus den Gesprächen mit den Unternehmen geht hervor, dass die Definition des Absatzzeitpunkts variiert. Dies führt dazu, dass der Absatz unterschiedlich gezählt werden kann. Um Doppelzählungen zu vermeiden, wurde zudem abgefragt, ob Module von anderen Herstellern weiterverarbeitet wurden. Solche Fälle wurden aus den Daten bereinigt, um die Vergleichbarkeit zu erhöhen und die Aussagekraft der Ergebnisse zu stärken.
Grafik 1: Jährlicher gemeldeter Gesamtabsatz der teilnehmenden Unternehmen. Zur Vollansicht bitte auf die Grafik klicken Quelle: E&M / Öko-Institut |
* Die 2024er-Werte sind eine Prognose anhand der Unternehmensangaben.
Quelle: Marktstammdatenregisterauszug vom 5. August 2024, BHKW-Umfrage des Öko-Instituts
Auffällig an dem Vergleich zwischen Umfrageergebnissen und MaStR ist, dass sich der Absatz der teilnehmenden Unternehmen und der Zubau im MaStR im Jahr 2022 gegenläufig entwickelt haben. Eine detaillierte Analyse der MaStR-Daten ergab, dass diese Diskrepanz hauptsächlich auf mehrere Großmotorenkraftwerksprojekte zurückzuführen ist, die 2022 in Betrieb genommen wurden. Die beteiligten Motorenhersteller haben allerdings nicht (mehr) an der Umfrage teilgenommen, was zu dieser Abweichung in den Zahlen geführt hat.
Grafik 2 zeigt die verkaufte Leistung in Deutschland, aufgeschlüsselt nach fossilen und biogenen Brennstoffen sowie nach für den Export bestimmten Modulen. Obwohl der Inlandsabsatz im Vergleich zum Vorjahr gestiegen ist, bleibt das Exportgeschäft mit 1.533 MWel insgesamt bedeutsamer, auch wenn es 2023 um 21 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen ist. Der Rückgang folgt auf ein starkes Vorjahr, in dem der Export um 18 Prozent zulegte.
Grafik 2: Absatz von Motoren-BHKW in den Jahren 2020 bis 2024 (Angaben in MW). Zur Vollansicht bitte auf die Grafik klicken Quelle: E&M / Öko-Institut |
* Die 2024er-Werte sind eine Prognose anhand der Unternehmensangaben.
Quelle: BHKW-Umfrage des Öko-Instituts
Jedoch ist der Exportanteil nicht für alle Unternehmen gleichermaßen bedeutend. Im Durchschnitt liegt er bei etwa 67 Prozent, wobei er sich vor allem auf absatzstarke Unternehmen konzentriert, die einen großen Anteil des Gesamtvolumens ausmachen. Sechzehn Unternehmen haben beispielsweise einen Exportanteil von weniger als 50 Prozent ihres Gesamtabsatzes, bei acht Unternehmen davon liegt der Anteil sogar unter 10 Prozent. Diese Zahlen verdeutlichen, dass der deutsche Markt trotz der wichtigen Rolle des Exports weiterhin der Kernmarkt für die Branche bleibt.
Die befragten Hersteller gaben ihre Einschätzungen zur Marktentwicklung im Jahr 2024 ab. Ein Großteil der Unternehmen rechnet mit einem gleichbleibenden Absatz oder einem Rückgang sowohl im Inland als auch im Exportgeschäft.
Die Analyse der Leistungsklassen zeigt eine interessante Entwicklung: Die insgesamt abgesetzte Leistung biogener Anlagen ist 2023 in allen Leistungsklassen wieder angestiegen (siehe Grafik 3). Besonders auffällig ist der Absatz in der mittleren Größenklasse, der sich nach einem deutlichen Rückgang im Vorjahr mehr als verdoppelt hat und nun bei etwa 74 MWel liegt.
Insgesamt lässt sich erkennen, dass sich der Markt nach dem starken Rückgang seit 2020 leicht erholt. Allerdings erreichen die aktuellen Absatzzahlen in den Größenklassen ab 150 kWel weiterhin nicht die früheren Höchststände. Vor wenigen Jahren lagen die Werte teilweise noch bei mehr als dem Doppelten, was den aktuellen Rückstand zu den früheren Spitzenzahlen deutlich macht.
Grafik 3: Absatz biogen betriebener BHKW nach Leistungsklassen (Inland). Zur Vollansicht bitte auf die Grafik klicken Quelle: E&M / Öko-Institut |
Auch bei den fossilen Anlagen zeigt sich in der Leistungsklasse über 2 MWel eine Erholung (siehe Grafik 4). Nach einem deutlichen Rückgang im Jahr 2022 hat sich der Absatz 2023 wieder stabilisiert, was darauf hindeutet, dass der Rückgang im Vorjahr lediglich ein temporärer Ausreißer war, beziehungsweise durch die fehlende Meldung einzelner Groß-BHKW beeinflusst wurde, wie der Vergleich mit dem Marktstammdatenregister deutlich machte.
Anders verhält es sich jedoch bei den mittleren und kleinen Anlagen: Hier ist im Vergleich zum Vorjahr ein deutlicher Rückgang zu verzeichnen. Die Kategorie ≤ 50 kWel weist dabei schon seit mehreren Jahren rückläufige Zahlen auf. Mit einem Gesamtabsatz von nur 43 MWel im Jahr 2023 wurde in dieser Kategorie der niedrigste Wert seit 15 Jahren erreicht, wie ein Blick auf die historische Entwicklung der BHKW-Umfrage zeigt.
Grafik 4: Absatz fossil betriebener BHKW nach Leistungsklassen (Inland). Zur Vollansicht bitte auf die Grafik klicken Quelle: E&M / Öko-Institut |
Neben der quantitativen Umfrage wurden die Hersteller ebenfalls zu ihrer Sicht auf bestimmte Entwicklungen am Markt befragt. Ein zentrales Thema war der potenzielle Einsatz von Wasserstoff als Brennstoff. Die Ergebnisse zeigen jedoch, dass der Einsatz von Wasserstoff noch mit vielen Unsicherheiten behaftet ist. Während einige Hersteller bereits wasserstofffähige Anlagen anbieten, bleibt die Nachfrage gering. In Gesprächen wurde deutlich, dass die Unklarheiten hinsichtlich der Versorgung mit diesem Energieträger und der zukünftigen Kosten die Einführung von Wasserstoffanwendungen bremsen. Viele potenzielle Kunden zögern aus diesen Gründen mit Investitionen in Wasserstoff-BHKW.
Umrüstkits und Wasserstoffmotoren im Angebot
Interessanterweise bietet ein Großteil der Unternehmen Umrüstkits an, die es erlauben, bestehende Standardanlagen auf Wasserstoffbetrieb umzustellen. Diese Option ermöglicht es Betreibern, im Rahmen künftiger Revisionen auf Wasserstoff umzurüsten, sobald die genannten Unsicherheiten geklärt sind. Für Anlagen ab 10 MWel ist die Möglichkeit der Umrüstung von Erdgas auf Wasserstoff eine Förderbedingung unter dem KWKG.
Außerdem konnten die an der Umfrage teilnehmenden BHKW-Hersteller über weitere technologische Herausforderungen berichten, vor denen die Branche steht: Insbesondere die Einhaltung strengerer Abgasrichtlinien und die Anpassung der Anlagen an schnelle Lastwechsel erfordern kontinuierliche Innovationsarbeit. Um den Anforderungen der Energiewende gerecht zu werden, arbeiten die Hersteller aktiv an flexibleren und reaktionsschnelleren Anlagen, die den volatilen Anforderungen des Energiemarktes besser gerecht werden sollen.
Ein weiterer Aspekt der Umfrage beleuchtet die regulatorischen Rahmenbedingungen, die auf die Entwicklung und den Absatz von BHKW Einfluss nehmen. Regelungen wie das Gebäudeenergiegesetz (GEG) und die Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA Luft) werden von vielen Unternehmen als Hürde wahrgenommen. Während einige Hersteller die derzeitige Förderlandschaft als positiv bewerten, äußern andere Bedenken über die Unsicherheiten, die insbesondere die Kraft-Wärme-Kopplung betreffen. Die Verfügbarkeit von Fördermitteln und schwankende Energiepreise haben ebenfalls unterschiedliche Auswirkungen auf die Marktstrategien der Unternehmen. Für einige sind Fördermittel essenziell und beeinflussen die strategische Ausrichtung stark, während andere die Auswirkungen als eher gering einschätzen.
Branche kämpft mit erheblichen Unsicherheiten
Unsere Umfrage bestätigt, dass BHKW-Anlagen in den Augen der Hersteller eine zentrale Rolle im Rahmen der Energiewende einnehmen. Dennoch besteht der Wunsch nach weiteren Anpassungen im regulatorischen und technischen Bereich, um die Nutzung von Blockheizkraftwerken im Zusammenspiel mit erneuerbaren Energien noch effizienter zu gestalten.
Schließlich wurden auch die Auswirkungen von EU-Richtlinien und internationalen Märkten untersucht. Während einige Unternehmen die EU-Vorgaben als wichtigen Treiber für die verstärkte Nutzung erneuerbarer Energien sehen und positive Nachfrageimpulse aus Ländern wie Italien, Frankreich und Polen verzeichnen, richten andere ihren Fokus stärker auf Märkte außerhalb Europas wie etwa die USA und Großbritannien.
Die Umfrage zeigt, dass die BHKW-Branche durchaus Potenzial zur Unterstützung der Energiewende hat, jedoch auch vor erheblichen Unsicherheiten steht. Vor allem die Fragen rund um den Einsatz von Wasserstoff und die komplexen regulatorischen Anforderungen bleiben zentrale Herausforderungen. Viel wird davon abhängen, wie die Politik die Rahmenbedingungen gestaltet, um die Vorteile dezentraler Flexibilität von BHKW-Anlagen auszuschöpfen – und wie lange dabei fossile Energieträger noch eine Rolle spielen werden, insbesondere in geförderter Form.
Einen ersten Ausblick auf mögliche Entwicklungen liefert das Konsultationsverfahren der Bundesregierung zum Kraftwerkssicherheitsgesetz, das die Umsetzung der Kraftwerksstrategie adressiert. Diese sieht vor, dass steuerbare, treibhausgasneutrale Kraftwerke Kapazitäten sichern sollen, wenn Wind- und Solarenergie nicht ausreichen. Unter anderem soll dafür eine neue Ausschreibung für wasserstofffähige Gaskraftwerke insgesamt 5 GW neue und 2 GW modernisierte Gaskraftwerke an systemdienlichen Standorten an das Stromnetz bringen. Dabei sollen nur Anlagen ab 10 MW zugelassen werden, da ab dem achten Jahr der Inbetriebnahme auf einen vollständigen Einsatz von Wasserstoff umzustellen ist. Dieser wird für an das Gasverteilnetz angeschlossene Anlagen − und damit kleinere Leistungsgrößen − als zu unsicher angesehen. Neben der Mindestgröße ist deshalb auch eine räumliche Nähe zum Wasserstoffkernnetz vorgesehen. Für Aggregationen kleinerer, neuer BHKW könnte die geplante Ausschreibung für steuerbare Kapazitäten interessant sein, die im Konsultationsverfahren vorgestellt wird.
Für ein zukünftiges Stromsystem ist ein einfaches „Weiter-so“ an vielen Stellen nicht die Antwort: BHKW müssen ihren Vorteil der flexibel regelbaren Stromerzeugung nutzen und dabei die Umstellung auf emissionsfreie Energieträger zumindest ermöglichen.
Hintergrund der BHKW-Umfrage
Bereits seit mehr als 20 Jahren führt das Öko-Institut eine Umfrage unter den in Deutschland tätigen BHKW-Unternehmen durch. So wurden auch in diesem Jahr der Absatz für das vergangene sowie eine Prognose für das aktuelle Kalenderjahr abgefragt. Das Ziel der Absatzumfrage ist es, die aktuellen Entwicklungen auf dem BHKW-Markt für die in Deutschland verkauften und die für den Export bestimmten Anlagen abzubilden. Das ist insbesondere wichtig, um die Bewegungen im Energiesektor in diesem Segment darzustellen. In diesem Jahr wurde erstmals ein Vergleich der Umfrageergebnisse mit den Daten des Marktstammdatenregisters (MaStR) durchgeführt. Neben der quantitativen Umfrage wurden die Hersteller wieder zu ihrer Sicht auf bestimmte Entwicklungen am Markt befragt. Ein zentrales Thema war der potenzielle Einsatz von Wasserstoff als Brennstoff.
Der ausführliche Artikel sowie zahlreiche weitere Hintergrundberichte kann der Novemberausgabe der Fachzeitschrift "Energie&Management" entnommen werden.
BHKW-Jahreskonferenz am 13./14. Mai 2025 im Dresdner Kongresszentrum
Energie & Management
Seit 1999 informiert die BHKW-Infozentrum GbR auf zahlreichen Webseiten sowie in Fachzeitschriften über neue Technologien im Bereich alternativer und regenerativer Energieerzeugung mittels Blockheizkraftwerken (BHKW). Außerdem werden die Veränderungen der gesetzlichen Rahmenbedingungen für BHKW-Anlagen und Anlagen der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) erläutert.
Bereits heute können Interessierte in dem BHKW-Kenndaten-Tool 2015 aus einer Datenbank von mehr als 1.300 KWK-Modulen die technischen Daten sowie die Investitionskosten der jeweils interessanten Leistungsgröße heraus suchen.
Im Winter 2024 wird dann die aktualisierte Version der „BHKW-Kenndaten 2024“ zur Verfügung stehen.
Nahezu wöchentlich werden über den derzeit größten internetbasierten BHKW-Newsletter mehr als 9.000 Abonnenten kostenlos informiert.
Im Socialmedia-Bereich posten die Fachleute des BHKW-Infozentrums aktuelle Meldungen auf Facebook, auf Twitter sowie bei LinkedIn.
Das umfangreiche Weiterbildungsangebot über BHKW- und Energie-Themen mit rund 50 unterschiedlichen Veranstaltungsreihen wird von mehr als 1.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern wahrgenommen. Seit einiger Zeit ist neben der Möglichkeit an viele Veranstaltungsreihen auch online teilzunehmen der Themenbereich „Rhetorik“ hinzugekommen.
Infolinks
Kontakt
Energie & Management Verlagsgesellschaft mbH
Schloß Mühlfeld 20
82211 Herrsching
Allg. Telefonnummer: +49 (0) 81 52/93 11-0
Faxnummer: +49 (0) 81 52/93 11-22
E-Mail: info@emvg.de
Website: https://www.energie-und-management.de