Ökonomische und ökologische Energieversorgung

Der hier beschriebene Gebäudekomplex an der Saarlandstraße in Hamburg-Barmbek besteht aus drei Gebäuden mit insgesamt 63 Wohnungen und einer Wohnfläche von ca. 4.500 m². Die Gebäude sind mit einem Nahwärme- und einem Stromverteilnetz verbunden und an eine gemeinsame Energiezentrale angeschlossen. Dieser Energieverbund ist eine wichtige Voraussetzung, um ökonomische und ökologische Vorteile zu realisieren. Bezogen wurden die Gebäude im Frühjahr und Sommer des Jahres 2000.

Die Wohnungseigentumsgemeinschaft (WEG) hat sich entschlossen, zusätzlich zum vorgesehenen Erdgas-Heizkessel, ein Erdgas-BHKW-Modul einzusetzen und die Stromversorgung der Wohnungen in die eigene Hand zu nehmen. Die im Vorwege durchgeführten Berechnungen ergaben neben den ökologischen Vorteilen einen wirtschaftlichen Betrieb mit jährlichen Überschüssen für alle finanziell Beteiligten, die sich in der „Hausstrom Saarlandstraße GbR“ organisierten.

Im Zuge der Baumaßnahme wurde daher zusätzlich zum 170 kW Heizkessel ein BHKW-Modul mit 32 kW thermischer und 14 kW elektrischer Leistung installiert. Mit einem thermischen Leistungsanteil von lediglich 19% deckt das BHKW jedoch ca. 50% der jährlichen Wärmearbeit ab. In den Sommermonaten Juni, Juli und August wird der Heizkessel nicht benötigt.

Das BHKW erreicht durch den vorrangigen Betrieb ca. 7.700 Vollbenutzungsstunden pro Jahr, wie die Auswertung der Daten seit der Inbetriebnahme bestätigt.

Bei der BHKW-Stromnutzung wählte die WEG einen Weg, der technisch und rechtlich mittlerweile problemlos realisierbar ist, aber bisher noch relativ wenig praktiziert wird: Sie verlegte ihr eigenes Stromnetz zwischen den Häusern. Das ortsansässige EVU (HEW), welches sonst jede Wohnung einzeln versorgt hätte, wurde an den Rand dieses sogenannten Arealnetzes zurückgedrängt. Über lediglich einen Hausanschluß zum Netz des vorgelagerten Netzbetreibers (HEW) wird zusätzlich benötigter Strom geliefert bzw. überschüssig produzierter BHKW-Strom eingespeist.

BHKW-Strom hat absolut die gleiche Qualität wie Strom aus dem normalen Stromnetz – keine Lampe flackert, kein Fahrstuhl bleibt stecken und kein PC stürzt ab. Erreicht wird dieses durch den sogenannten Parallelbetrieb des BHKW mit dem öffentlichen Netz. Parallelbetrieb bedeutet, dass das BHKW parallel zu allen anderen Kraftwerken der sogenannten öffentlichen Versorgung betrieben wird.

Bei einem BHKW-Ausfall bzw. bei zu geringer BHKW-Leistung kommt die fehlende Differenz sofort aus dem öffentlichen Stromnetz und gleicht die „Lücke“ aus. Diese Leistungsanpassung geschieht in jeder Stromversorgung automatisch und gewährleistet eine gleichbleibend hohe Stromqualität.

Mit den Bewohnern der Wohnungen wurden Stromlieferungsverträge abgeschlossen. Dieser kaufrechtliche Vorgang ist kein Problem, war aber bis April 1998 in der Regel nur den Strommonopolisten gestattet. Heute bedarf es hierfür keiner Genehmigung mehr, sofern ein BHKW eingesetzt wird. In den Stromlieferungsverträgen wird im wesentlichen der Preis geregelt, den die Bewohner zu zahlen haben. Für den Strombedarf der Wohnungen, den das BHKW nicht decken kann, wird ein Zusatz- und Reservestromvertrag mit einem Stromhändler abgeschlossen. Dieser Stromhändler nimmt auch den BHKW-Strom ab, der beispielsweise nachts nicht in den Wohnungen benötigt wird und bezahlt dafür.

Aber, was passiert, wenn ein Bewohner nicht mit BHKW-Strom beliefert werden will, sondern einen ganz anderen Stromlieferanten bevorzugt? Auch dieser Fall ist rechtlich geregelt und wird ohne Probleme praktiziert. Ein anderer Stromlieferant beliefert entweder diesen Kunden mit durchgeleitetem Strom und zahlt für die Nutzung des Netzes bis zum Wohnungsstromzähler ein Netznutzungsentgelt an den Netzbetreiber, oder er kauft den für die Versorgung des Haushalts benötigten Strom vom Stromlieferanten „vor Ort“, in diesem Fall von der „Hausstrom Saarlandstraße GbR“.

Fazit: Die BHKW-Stromlieferung direkt an die Wohnungen ist technisch und rechtlich problemlos möglich und erhöht die BHKW-Wirtschaftlichkeit um die Gewinnmarge, die sonst der ortsansässige Stromlieferant bei jeder einzelnen Wohnung verdienen würde. Außerdem tragen die nicht zu zahlende Stromsteuer und – sofern keine öffentliche Straße überquert werden – die Konzessionsabgabe zu einer verbesserten Wirtschaftlichkeit bei.

Hinzu kommt, dass einige Erdgasversorger beim Einsatz eines BHKW einen vergünstigten Erdgaspreis anbieten. Die HEIN GAS in Hamburg zählt beispielsweise zu diesen fortschrittlich denkenden Versorgern. Damit ergibt sich ein weiterer finanzieller Vorteil für das BHKW im Vergleich zur konventionellen Beheizung ohne BHKW-Anlage.

Wolfgang Mier, abasto – ökologische Energietechnik ; Markus Gailfuß, BHKW-Infozentrum Rastatt