Neues EEG würde den KWK-Ausbau zum Erliegen bringen

Reichstag in Berlin (Foto: Mark Tilly, Fotolia.com)

Das BHKW-Infozentrum befürchtet aufgrund der geplanten Neuregelung der EEG-Umlage einen massiven Zubau-Rückgang im KWK-Bereich sowie ein Moratorium an KWK-Neuinstallationen im Zeitraum August bis Dezember 2014.

 

Rastatt, 23.01.2014

 

Gemäß der Koalitionsvereinbarung hält die Bundesregierung am Ausbauziel für hocheffiziente Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (KWK-Anlagen) fest. 25% der Stromerzeugung sollen im Jahre 2020 aus KWK-Anlagen stammen. Die Erreichung dieses Ziels erscheint mit dem durch das Bundeskabinett beschlossenen Eckpunktepapier für die Reform des EEG inzwischen völlig unrealistisch.

Problemfall Eigenstromprivilegierung

Derzeit ist die Eigenstromnutzung von der EEG-Umlage, die inzwischen mehr als 6 Cent/kWh beträgt befreit. Diese sogenannte Eigenstromprivilegierung war in den vergangenen Monaten Gesprächsthema bei vielen teils sehr emotional geführten Diskussionsrunden.

Was im Eckpunktepapier der EEG-Novelle steht

Im Eckpunktepapier der EEG-Novelle wird als politischer Wille angekündigt, dass „im Grundsatz die gesamte Eigenstromerzeugung an der EEG-Umlage beteiligt wird“. Alle neuen Eigenstromerzeuger sollen mit einer Mindestumlage an der Grundfinanzierung des EEG beteiligt werden, wobei die Wirtschaftlichkeit von KWK-Anlagen gewahrt und für kleine KWK-Anlagen eine Bagatellgrenze eingefügt werden soll.

Was in der Anlage zum Eckpunktepapier der EEG-Novelle steht

Man kann zu dem Ansinnen einer EEG-Umlage auf den Eigenstrombedarf insbesondere bei EE-Anlagen (z. B. Photovoltaik und Biomasse) aber auch bei KWK-Anlagen unterschiedliche Meinungen vertreten. Grundsätzlich klingen die Textpassagen des Eckpunktepapiers aber politisch besonnen und eher ausgeglichen.

Die konkrete Ausgestaltung der Neuregelung zur EEG-Umlage in der „Anlage zum Eckpunktepapier“ hat aber mit den besonnen gewählten Begriffen „Mindestumlage“, „Beteiligung an einer Grundfinanzierung“ sowie „Wahrung der Wirtschaftlichkeit“ gar nichts mehr zu tun.

Die Fakten:

  • Neue KWK-Anlagen und Erneuerbare-Energien-Anlagen sollen für den selbst erzeugten und selbst genutzten Strom 70% der EEG-Umlage zahlen – das wären derzeit fast 4,4 Cent/kWh.
  • Bestehende KWK-Anlagen und EE-Anlagen sollen für den selbst erzeugten und selbst genutzten Strom ab Inkrafttreten des neuen EEG (August 2014) fast 1 Cent/kWh zahlen.
  • Die Bagatellgrenze (EEG-Umlagebefreiung) gilt für Neu- und Alt-Anlagen lediglich bis 10 kW elektrischer Leistung und dann auch nur für die ersten 10.000 kWh.

 

Was bedeutet dies für den KWK-Ausbau?

Das BHKW-Infozentrum wird in den nächsten Tagen noch einige Beispielrechnungen für BHKW-Anlagen im Leistungsbereich von 5 kW bis 1.000 kW aus realen Projekten veröffentlichen – aber bereits jetzt ist klar, dass insbesondere Projekte im gewerblichen Bereich (z. B. Hotel), in der mittelständischen Industrie und im sozialen Bereich (z. B. Altenpflegeheime, Krankenhäuser und Schwimmbäder) unter dieser Vorgabe erheblich an Wirtschaftlichkeit verlieren und teilweise unwirtschaftlich werden.

Das BHKW-Infozentrum rechnet daher mit einem massiven Einbruch des gesamten KWK-Bereichs außerhalb des Sektors der großen Fernwärme-KWK.Letzterer hat aber in den letzten beiden Jahren bereits heftig unter dem Strompreisverfall an der Strombörse und den damit einhergehenden geringen Stromerlösen für den eingespeisten KWK-Strom zu kämpfen.

Kompletter Ausbaustopp droht im Spätjahr 2014

Sollte die EEG-Novelle wie geplant am 1. August 2014 in Kraft treten, würden sich alle potentiellen BHKW-Betreiber an einer Anpassung der Vergütungssätze im KWK-Gesetz, die ggf. für das Jahr 2015 erwartet werden kann, orientieren. Aber wie soll das KWK-Gesetz die geringeren Stromerlöse für eine 50 kW-BHKW-Anlage in einem kommunalen Schwimmbad in Höhe von mehr als 16.000,- Euro pro Jahr kompensieren? Woher sollten die Finanzmittel in einem KWK-Gesetz stammen, die bei Industrieanlagen die Mindereinnahmen in Höhe von mehr als 250.000 Euro pro Jahr bei einer 1 MW-Anlage kompensieren?

Unabhängig von dieser finanziellen Problematik dürfte der KWK-Markt im Zeitraum zwischen dem Inkrafttreten der EEG-Novelle und einer ggf. angedachten Novelle des KWK-Gesetzes völlig zum Erliegen kommen – mit erheblichen negativen Auswirkungen auf die Beschäftigungssituation der mittelständisch geprägte BHKW-Szene.

Was bedeutet das Eckpunktepapier für den Ausbau der Speichertechnologien?

Stromspeicher sollen erneuerbarer Energien wie PV-Anlagen sowie KWK-Anlagen flexibler auf fluktuierende Strommengen reagieren lassen. Statt Strom zu Zeiten einzuspeisen, in denen die öffentliche Netze mit Strom aus PV- und Windkraftanlagen bereits übervoll sind, wird der Strom gespeichert und z. B. abends den Hausbewohnern zur Eigenstromnutzung zur Verfügung gestellt. Eine sinnvolle und netzstabilisierende Strategie. Aber wer investiert noch in teure Stromspeicher, wenn für den entnommenen Strom anschließend eine EEG-Umlage in Höhe von fast 4,4 Cent je Kilowattstunde zu zahlen ist?

ANHANG:

Wichtige Textpassagen aus Punkt 10b der „Eckpunkte für die Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG)“

Zukünftig wird im Grundsatz die gesamte Eigenstromerzeugung an der EEG-Umlage beteiligt. Nicht erfasst wird der so genannte Kraftwerkseigenverbrauch. Alle neuen Eigenstromerzeuger tragen mit einer Mindestumlage zur Grundfinanzierung des EEG bei, wobei das neue EEG die Wirtschaftlichkeit von Erneuerbare-Energien-Anlagen, KWK-Anlagen und Kuppelgas-Nutzungen wahren wird. Für kleine Anlagen wird eine Bagatellgrenze eingeführt. Der Vertrauensschutz für bestehende Anlagen wird gewährleistet.

Wichtige Textpassagen aus Punkt 7 der „Anlage zu den Eckpunkten für die Reform des EEG“

Die Eigenstromerzeugung wird an den Ausbaukosten der erneuerbaren Energien beteiligt:

  • Bei einer Eigenstromerzeugung in Neuanlagen müssen 90 Prozent der Umlage gezahlt werden.
  • Dieser Betrag reduziert sich bei neuen Erneuerbare-Energien- und KWK-Anlagen sowie neuen Kuppelgasnutzungen auf 70 Prozent.
  • Für Altanlagen wird die Begünstigung des Jahres 2013 in Höhe der EEG-Umlage von 5,28 Cent/kWh fortgeschrieben.
  • Es wird eine Bagatellgrenze eingeführt: (Alt- und Neu-) Anlagen mit einer installierten Leistung von höchstens 10 kW müssen für eine jährliche Stromerzeugung von höchstens 10 MWh keine EEG-Umlage zahlen.
  • Der Kraftwerkseigenverbrauch wird nicht belastet.

 

Autor: Markus Gailfuß
Grafik: Mark Tilly, Fotolia.com

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