Ständige Gesetzesänderungen lassen den gepriesenen Jobmotor der Erneuerbaren Energien stottern und würgen diesen teilweise komplett ab.
Rastatt, 24.07.2014
Original-Bericht: PLUSMINUS (24.04.2014, Erneuerbare Energie – Der angebliche Jobmotor stottert)
Nach dem Atomunglück in Japan und der Energiewende in Deutschland wurden die Erneuerbaren Energien noch als Jobmotor gefeiert. Drei Jahre später aber stottert der Jobmotor nun.
In der Solarbranche sind Werkshallen verwaist. Die Windkraft-Branche an der Küste macht Kurzarbeit, und die Biogas-Branche schließt aus Protest symbolisch ganze Firmen. Was ist da los? Jahrelang war doch die Euphorie fast grenzenlos, die Unternehmen glaubten an ständiges Wachstum.
Überall enttäuschte Erwartungen
In PLUSMINUS versprach Bosch 2011 viele neue Jobs im Solarbereich für Thüringen. Inzwischen verabschiedete sich das Unternehmen nach Milliarden-Verlusten aus der Solar-Branche.
Kein Solarboom in Frankfurt/Oder
Weiter im Osten – rund um Frankfurt/Oder – leidet eine ganze Region, die ohnehin mit über 14 Prozent eine der höchsten Arbeitslosenquoten in ganz Deutschland hat. Die Firma First Solar gibt es nicht mehr. 1.200 Arbeitsplätze sind verschwunden.
Zu optimistische Prognosen
Auch viele Experten haben an die rosigen Perspektiven geglaubt. 2011 hatte Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung noch eine Verdopplung der Arbeitsplätze im Bereich Erneuerbare Energien auf 600.000 prognostiziert. Inzwischen ist von ihrem Optimismus wenig übrig.
Verunsicherte Investoren – halbierte Arbeitsplätze
Aus Angst vor weiter steigenden Strompreisen hat die Politik ständig am Erneuerbare-Energien-Gesetz, kurz EEG, herumgedoktert. Allein die Diskussion um eine Strompreis-Bremse verschreckte Investoren. Die Folge für die Solarbranche: Die Zahl der Arbeitsplätze sank von 112.000 (2011) auf aktuell rund 50.000 (2014) – ein Minus von 55 Prozent.
Auch das Unternehmen Astronergy an der polnischen Grenze leidet unter ausländischer Konkurrenz und Subventionsabbau. In Zukunft wird es wohl noch schlimmer, so die Befürchtung von Geschäftsführer Thomas Volz. Denn wer Strom für sich selbst erzeugt, soll durch eine EEG-Umlage auf den Eigenstromverbrauch bestraft werden.
Offshore-Windkraft unter Druck
An der Küste sollte die Windkraft auf See als Jobmotor dienen. Bei dem Besuch des Politmagazins PLUSMINUS im Jahre 2011 stand dafür das Unternehmen Bard Offshore mit seinen 1.200 Mitarbeitern. Inzwischen wurde das Unternehmen mangels Folgeaufträgen zerschlagen. In Bremerhaven machen die großen Windkraft-Unternehmen jetzt allesamt Kurzarbeit. Und wie einst bei Fischerei oder Werften kämpfen nun überall Betriebsräte und Geschäftsführungen um den Erhalt der Arbeitsplätze. Für Finanzvorstand Marcus Wassenberg ist klar: Schuld sind die ständigen Gesetzesänderungen. Das habe die Kunden verunsichert, und dadurch seien Aufträge mit einem Volumen von etwa 1 Milliarde Euro ausgeblieben.
Die Zahl der Arbeitnehmer in der Offshore-Windkraft-Branche sank von 18.000 (2012) auf rund 15.000 (2014). Ein Minus von 17 Prozent. Einen weiteren Verlust an Arbeitsplätzen kann die gebeutelte Region an der Küste kaum verkraften.
Biogas: Starker Export reicht nicht
Zumindest die dritte Firma, die PLUSMINUS 2011 besucht hatte, gibt es noch: Plan ET Biogas. Aber hier stoßen wir ebenfalls auf Protest gegen die Berliner Koalitionspläne – Chef, Angestellte und auch Konkurrenten demonstrieren gemeinsam.
In der Biogas-Branche sank die Zahl der Beschäftigten von 62.000 auf rund 42.000 – ein Minus von 32 Prozent. Plan ET selbst macht inzwischen mehr Umsatz im Ausland als in Deutschland. Firmengründer Hendrik Becker weiß aber genau: Ein starker Export allein reicht auf Dauer nicht. Der heimische Markt sei wichtig, um die Arbeitsplätze in Deutschland zu erhalten.
Immer mehr Belastungen für Erzeuger von Erneuerbaren Energien?
Momentan weiß niemand, wie sehr die EEG-Neuregelung die junge Branche verändern wird. Nur auf Verbesserung sollte niemand hoffen – im Gegenteil: Die Energie-Expertin beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung Claudia Kemfert, befürchtet, dass die konventionellen Energie-Anbieter Oberwasser haben und ihre Anlagen länger laufen lassen. Demgegenüber versuche man, die erneuerbaren Energien an den Rand zu drängen, ihnen Kosten anzulasten und Unterstützung zu verweigern.
Viele neue Unternehmen der Energie-Branche haben sich verschätzt. Das müssen sie und ihre Mitarbeiter gerade erfahren. Und es gibt immer neue Bedingungen. In den nächsten Monaten wird sich zeigen, welche Auswirkungen das EEG 2014 haben wird. Entscheiden wird sich dann auch die Frage: Stottert der Jobmotor nur oder wird er endgültig abgewürgt?
Original-Bericht: PLUSMINUS (24.04.2014, Erneuerbare Energie – Der angebliche Jobmotor stottert)
Bearbeitung durch Markus Gailfuß (23.07.2014, BHKW-Infozentrum)
Bild: SWR