Ungerechtfertigte Benachteiligung
Naturgemäß zu völlig unterschiedlichen Bewertungen über das KWK-Gesetz 2016 kommen Verbände der Energiebranche sowie der Industrie nach dem Beschluss im Bundestag.
Am 3. Dezember hat der Bundestag dem Entwurf für ein überarbeitetes KWK-Gesetz zugestimmt, das zum Jahresanfang 2016 in Kraft treten soll. „Positiv ist insbesondere, dass konkrete Mengenziele für den KWK-Ausbau − bis 2025 sind es 120 Terawattstunden − festgelegt wurden. Auch die Verlängerung des Geltungszeitraums von 2020 auf 2022 ist eine deutliche Verbesserung gegenüber dem ursprünglichen Gesetzentwurf der Bundesregierung“, sagte die Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung Hildegard Müller. „Unverständlich“ bleibe hingegen, „warum der Gesetzgeber neue und hocheffiziente Gas-KWK-Anlagen, die noch eine Förderung nach dem KWK-Gesetz 2012 erhalten, sowie kleinere KWK-Anlagen mit einer Leistung unterhalb von zwei Megawatt von der Bestandsförderung ausschließt“, so Müller. Das sei eine ungerechtfertigte Benachteiligung. Auch die Zuschlagserhöhung für den Neubau und die Modernisierung von KWK-Anlagen über 2 MW elektrischer Leistung sei angesichts des Verfalls der Börsenstrompreise nicht ausreichend. Dennoch liegt laut Müller nun „ein KWK-Gesetz vor, das für KWK-/Wärmenetzsysteme die notwendige Grundlage zur weiteren CO2-Reduktion in der Energieversorgung und zur Unterstützung der Energiewende schafft“.
Ivo Gönner, Präsident des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU), äußerte sich erfreut, „dass Deutschland der Klimaschutztechnologie KWK auch über 2020 hinaus eine klare Perspektive gegeben hat und so weitere CO2-Einsparungen vor allem im kommunalen Bereich ermöglicht“. Die Gesetzesnovelle sieht eine Konzentration der Förderung auf KWK-Anlagen in der allgemeinen Versorgung vor, daneben wird eine zusätzliche Bestandsförderung für gasbasierte Anlagen in der öffentlichen Versorgung eingeführt. Diese gilt auch für Erzeugungsanlagen, die bereits aus der KWK-Förderung herausgefallen sind. VKU-Hauptgeschäftsführerin Katherina Reiche begrüßte, „dass Regierung und Parlament unseren Vorschlag der Bestandssicherung aufgegriffen haben“. Das sei wichtig, um die Ausbauerfolge der vergangenen Jahre zu sichern. „Allerdings werden wir auch in den kommenden Jahren darauf achten müssen, dass gerade kleinere Anlagen unter zwei Megawatt wirtschaftlich betrieben werden können“, ergänzte Reiche.
„Die Ausbauerfolge der vergangenen Jahre sichern“
Dass industrielle KWK-Anlagen weiterhin gegenüber Anlagen der öffentlichen Versorgung benachteiligt werden, bleibt hingegen der Standpunkt des Bundesindustrieverbandes Technische Gebäudeausrüstung (BTGA). Daran werde auch die Evaluierung der Gesetzesnovelle im Jahr 2017 sowie die im Gesetz verankerte Verordnungsermächtigung nichts ändern. Denn das Bundeswirtschaftsministerium zeigte „bisher weder mit seinem Gesetzentwurf noch mit seiner Gegenäußerung an den Bundesrat die Absicht, industrielle und öffentliche KWK-Anlagen gleich zu behandeln“, so der BTGA. Dass die noch vor einem Jahr zugesagte Entlastung von industriellen KWK-Anlage weggefallen ist, ist nach Aussage von Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw), „enttauschend und eine Bremse für Investitionen in hocheffiziente, steuerbare Technologie zur Stromerzeugung“. Der Verband geht davon aus, dass die Eigenstromerzeugung mit KWK-Anlagen durch die neuen Rahmenbedingungen sinken wird. „Die Zusatzbelastung durch die EEG-Umlage ist deshalb das völlig falsche Signal“, betonte Brossardt.
Nach Ansicht des Bundesverbandes deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) werden Energiedienstleister mit Mieterstrommodellen von den letzten Nachbesserung im Gesetzestext profitieren. „Wenn dieser Entwurf zur Umsetzung kommt, werden entgegen der anfänglichen Pläne nun endlich positive Anreize für Quartierslösungen mit Mieterstromprojekten in der Wohnungswirtschaft gesetzt“, sagte GdW-Präsident Axel Gedaschko. Die ursprünglich vorgesehen Streichung der Förderung für KWK-Strom, der nicht in ein allgemeines Netz gespeist wird, hatte das Bundeswirtschaftsministerium damit begründet, dass die Eigenversorgung auch ohne Förderung wirtschaftlich ist. Da Mieterstrom aber kein Eigenstrom ist, wäre die volle EEG-Umlage zu zahlen. „Ein wirtschaftlicher Betrieb ist derzeit allerdings nur mit einer Zulage aus dem KWK-Gesetz möglich“, heißt es beim GdW.
Der Fachverband Biogas (FvB) beklagt, dass der Einsatz von klimafreundlichem Biogas und Biomethan in KWK-Anlagen nicht mit dem künftigen KWK-Gesetz gefördert wird. Der Ansatz der Bioenergie-Branche sah vor, KWK-Anlagen bei einer Steigerung ihrer Klimaeffizienz eine Verlängerung der Förderdauer zu gewähren. Bedauerlich ist zudem laut Claudius da Costa Gomez, Hauptgeschäftsführer des FvB, „dass die verstärkte Förderung von Wärmenetzen vor allem große und Fernwärmenetze adressiert“. Dabei würden gerade Biogas-Nahwärmekonzepte im ländlichen Raum einen großen Beitrag zur Energiewende im Wärmesektor leisten.
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