Herrsching | 17. September 2020 |

Erneuerbare-Ausbau-Gesetz – Österreich regelt Ökostromförderung neu

Mit dem Paket will die Bundesregierung die Ökostromförderung neu regeln und Energiegemeinschaften einführen. Die E-Wirtschaft kritisiert die geplanten Bestimmungen zur Netzreserve.

„Sehr intensiv“ seien die Verhandlungen in den vergangenen Monaten gewesen. Doch nun liege eine gute Lösung für das „größte energiepolitische Gesetzespaket Österreichs seit Jahrzehnten“ vor. Das sagte Klima- und Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) am 16. September bei der Präsentation des Erneuerbare-Ausbau-Gesetzes (EAG).

Mit dem EAG möchte die Bundesregierung ihr Ziel erreichen, Österreich ab 2030 bilanziell vollständig mit Strom aus erneuerbaren Energien zu versorgen. Vorgesehen ist daher, die Ökostromproduktion um etwa 50 % oder 27 Mrd. kWh/Jahr zu erhöhen. Davon entfallen 11 Mrd. kWh auf die Photovoltaik (PV), 10 Mrd. kWh auf die Windenergie und 5 Mrd. auf die Wasserkraft. Eine weitere TWh soll mittels Biomasseanlagen erzeugt werden. Die bisher dominierenden Einspeisetarife werden durch variable Marktprämien ersetzt. Investitionsförderungen für bestimmte Arten von Kraftwerken gibt es dagegen weiterhin.

Die Marktprämien werden für die meisten Technologien durch das Ministerium festgelegt. Nur für Biomassekraftwerke mit 500 kW bis 5 MW Leistung und große PV-Anlagen sind Ausschreibungen geplant. Magnus Brunner (ÖVP), der Staatssekretär im Klima- und Energieministerium (BMK), erläuterte auf Anfrage von E&M, bei diesen Technologien gebe es „genug Anbieter“, um einen wirksamen Wettbewerb sicherzustellen. Gewessler ergänzte, speziell im Bereich der Windkraft hätten sich Ausschreibungen bis dato nicht bewährt: „Das haben wir in Deutschland gesehen.“ Jedoch ist für 2023/24 eine Evaluierung geplant.

Im Bereich der PV sind Investitionszuschüsse für Anlagen bis 500 kW Höchstleistung vorgesehen, größere Solarkraftwerke erhalten eine variable Marktprämie. Biomasseanlagen mit bis zu 500 kW Leistung werden mit Marktprämien unterstützt.

Marktprämien will das BMK ferner für Wasserkraftwerke bis 25 MW Höchstleistung vergeben. Auch leistungsstärkere Anlagen erhalten Subventionen lediglich für die ersten 25 MW. Die Revitalisierung bestehender Kraftwerke möchte das BMK mit Investitionszuschüssen unterstützen. Auf den Hinweis von E&M, dass mit einer Gesamtleistung von 5 Mrd. kWh lediglich die Untergrenze des ursprünglich geplanten Ausbauziels bis 8 Mrd. kWh erreicht werden soll, beschied Gewessler, auch dieses Ziel sei „sehr ambitioniert. Mir ist die Naturverträglichkeit der Wasserkraftwerke sehr wichtig“.

Und die „letzten Flussjuwele“ Österreichs müssten jedenfalls bewahrt werden, betonte die Ministerin, die von 2014 bis 2019 die Geschäfte der staatlich anerkannten Umweltorganisation Global 2000 in Österreich leitete. Staatssekretär Brunner ergänzte, bei den 5 Mrd. kWh handle es sich um ein „ausgewogenes Ziel“.

Ebenso wie Gewessler sieht Brunner das EAG als Gesetzespaket, das den Energiemarkt für Jahrzehnte prägen wird. Pro Jahr wird bis einschließlich 2030 durchschnittlich 1 Mrd. Euro an Förderungen vergeben. Mit diesen 10 Mrd. Euro lassen sich laut Gewessler Investitionen von rund 30 Mrd. Euro auslösen.

Neben dem EAG selbst gehen Novellen zum Ökostromgesetz, zum Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz (ElWOG) sowie zum Gaswirtschaftsgesetz (GWG) in Begutachtung. Dabei geht es nicht zuletzt um die Umsetzung des „Clean Energy for all Europeans“-Pakets der EU in Österreich.

E-Wirtschaft: „Massive Probleme“ bei der Netzreserve

Der Präsident des Elektrizitätswirtschaftsverbands Oesterreichs Energie, Michael Strugl, nannte den EAG-Entwurf einen „energiepolitischen Meilenstein“. Zwar müssten noch so manche Details diskutiert werden. Doch „dass dieses Gesetz mit Jahresbeginn 2021 in Kraft tritt, hat jetzt oberste Priorität“. Einige Punkte erachtet die E-Wirtschaft als kritisch. „Massive Probleme“ gibt es laut Strugl insbesondere bei den Bestimmungen zur Netzreserve. Es bestehe die Gefahr, dass den Kraftwerksbetreibern die Stilllegung unrentabler Anlagen untersagt, der Weiterbetrieb aber nur teilweise abgegolten werde.

Nicht sinnvoll ist nach Ansicht der E-Wirtschaft weiter die geplante „doppelte ökologische Prüfung“ von Wasserkraftwerksprojekten. Über die ohnehin strenge Inspektion im Zuge des Genehmigungsverfahrens hinaus ist vorgesehen, die Umweltverträglichkeit der Anlagen nochmals zu analysieren, wenn eine Förderung gemäß dem EAG beantragt wird.

Für die Beschlussfassung des EAG sowie der begleitenden Novellen benötigt die Regierung eine Zweidrittelmehrheit in beiden Kammern des Parlaments, dem Nationalrat und dem Bundesrat. Dafür ist die Zustimmung der Sozialdemokraten (SPÖ) oder der rechtsgerichteten Freiheitlichen (FPÖ) erforderlich. Überdies muss der EAG-Entwurf seitens der EU-Kommission genehmigt werden. Ob dies bis Jahresende erreichbar ist, gilt als unsicher.

SPÖ-Energiesprecher Alois Schroll bekundete in einer ersten Reaktion seine Erleichterung, „dass endlich ein Entwurf zum EAG vorliegt“. Er rief die Regierung auf, „den Dialog zu suchen, um breiten Rückhalt zu bekommen“. Eine der Forderungen seiner Partei ist laut Schroll die Deckelung der jährlichen Ökostromkosten für Haushalte mit 100 Euro.

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