Wasserstofftaugliche Gasmotoren – ein Überblick
Motorenhersteller passen ihre Aggregate an, um grünen Wasserstoff nutzen zu können. Auch Nachrüstungen von Bestandsanlagen sollen möglich sein.
Mittlerweile bieten immer mehr Motoren- und BHKW-Hersteller Aggregate an, die mit Wasserstoff − je nach Hersteller und Anlagen mit unterschiedlichen Erdgas-Wasserstoff-Gemischen − betrieben werden können. Auch die Anfragen nach wasserstofftauglichen KWK-Anlagen bei den Herstellern werden mehr. Vor allem im vergangenen Jahr hat sich die Zahl der Hersteller erhöht, die ihre Produktreihen um H2-ready-Motoren ergänzt haben. Auch Umrüstmöglichkeiten für bestehende Erdgas-BHKW werden wohl in diesem Jahr auf den Markt kommen.
Eine Pionierleistung in puncto Wasserstoff-BHKW konnten der BHKW-Hersteller 2G Energy und die Städtischen Betriebe Haßfurt GmbH 2019 verkünden: Dort wurde eine bestehende Power-to-Gas-Anlage (PtG) um ein innovatives Wasserstoffblockheizkraftwerk (H2-BHKW) zur Rückverstromung von regenerativ gewonnenem Wasserstoff erweitert. Damit setzte man erstmals in der kommunalen Praxis eine wasserstoffbasierte und CO2-freie Speicherkette für regenerativen Strom um. Seitdem wurden weitere Wasserstoffblockheizkraftwerke installiert. Der BHKW-Hersteller 2G aus Heek hat die Produktreihe „agenitor“ so angepasst, dass sie reinen Wasserstoff mit vergleichbarer Wirtschaftlichkeit und Zuverlässigkeit zur dezentralen Erzeugung von Strom und Wärme nutzen kann.
2020 zogen Hanswerk Natur in Zusammenarbeit mit dem österreichischen Hersteller Innio Jenbacher öffentlichkeitswirksam nach. Im Zuge eines Testlaufs wurde ein umgerüstetes Innio-BHKW für mehrere Wochen mit bis zu 100 % Wasserstoff betrieben. Es ist ein Gasmotor der 1-MW-Klasse, der nach jahrelanger Forschungs- und Entwicklungsarbeit in der Lage ist, mit Wasserstoff − entweder zu Teilen oder gänzlich − betrieben zu werden. Innio bietet mittlerweile seine Gasmotoren mit einer „Ready for H2“-Option an. Dies ermögliche die Beimischung von 25 % Wasserstoff sowie eine Umrüstung von Erdgas auf 100 %.
Hersteller erweitern Motorenportfolio
Vor allem im vergangenen Jahr wurde die Liste der Hersteller länger, die neue H2-Produktreihen bekannt gaben. Hier einige Beispiele:
Die Motoren der „smartblock“-Reihe des Herstellers KW Energie aus Freystadt südlich von Nürnberg können beispielsweise mit bis zu 40 % Beimischung betrieben werden. Smartblock-Blockheizkraftwerke sind mit elektrischen Leistungen von 7,5 bis 75 kW verfügbar. Das teilte das Unternehmen im Sommer 2020 mit. „Als Fazit ergaben die Untersuchungen, dass unsere Smartblock-BHKW mit der Beimischung von Wasserstoff zum Erdgas im Betrieb ohne Probleme zurechtkommen und auch die Leistung vergleichbar mit dem reinen Erdgasbetrieb ist“, sagt Andreas Weigel, Geschäftsführer der KW Energie.
Die Wolf Power Systems GmbH verkündete Ende 2020, dass sie ein erstes Wasserstoff-BHKW im Leistungsbereich von 50 kW elektrischer Leistung im Sortiment hat. Die Entwicklung erfolgte in Zusammenarbeit mit dem Motorenhersteller Mamotec aus Kuppenheim.
Mamotec selbst hat sein Angebot im Herbst 2021 um eine wasserstoffbetriebene Turbomotorengeneration ergänzt. Der Gasmotorenspezialist baute sein Portfolio, das bislang aus elf Modellen für Erd- und Biogas bestand, mit der neuen Generation um weitere drei Aggregate aus.
Gasbetriebene Viertaktmotoren von MAN Energy Solutions sind ebenfalls H2-ready und können im stationären Betrieb mit einem Wasserstoffanteil von bis zu 25 Volumenprozent betrieben werden, teilte der Motorenhersteller im November 2021 mit. MAN-Kunden könnten die für den Kraftwerkseinsatz relevanten Gasmotoren 35/44G TS, 51/60G und 51/60G TS H2-ready konfigurieren lassen und seien damit für einen Wasserstoffhochlauf in der Stromerzeugung vorbereitet.
Mit dem neuen Wasserstoffmotor „TCG 7.8 H2“ will Motorenhersteller Deutz sein Angebot an emissionsreduzierten und -freien Antrieben weiter ausbauen. Die Serienproduktion des Motors plant Deutz für 2024. Erste Tests auf dem Prüfstand hat das Unternehmen nach eigenen Angaben bereits erfolgreich abgeschlossen.
Umrüstlösungen von Erdgas auf Wasserstoff kommen auf den Markt
Auch Rolls-Royce will sich in den nächsten Monaten einreihen: Bereits heute können laut dem Hersteller Stromaggregate und Blockheizkraftwerke auf Basis der Gasmotorenbaureihen 500 und 4000 mit einer Wasserstoffbeimischung von 10 % betrieben werden. Von 2022 an soll dann ein Betrieb mit Wasserstoffanteilen von bis zu 25 % möglich sein. Ab 2023 will Rolls-Royce dann so weit sein, dass sie kontinuierlich MTU-Motoren auf den Markt bringen, die auch mit 100 % Wasserstoff betrieben werden können. Für bereits installierte Lösungen soll es dann auch Umrüstlösungen geben.
MWM, eine Marke von Caterpillar Energy Solutions, will schrittweise Aggregate für den Dauerbetrieb, die Grundlastversorgung und den Spitzenlastbetrieb einführen, die mit einem Wasserstoffanteil von bis zu 25 % − beigemischt zum Erdgas − zurechtkommen, teilte das Unternehmen im Dezember 2021 mit. Das Angebot gilt für die Baureihen TCG 3016, TCG 3020, TCG 2032 und TCG 2032B. Weiterhin will das Unternehmen für diese Baureihen Nachrüstsätze anbieten, um die H2-Beimischung zu ermöglichen. Die stufenweise Einführung dieser neuen Erdgasaggregate und Nachrüstsätze soll im vierten Quartal 2022 beginnen. MWM-Gasmotoren laufen laut Unternehmen bereits heute mit einem Wasserstoffanteil von bis zu 10 %.
Neben einzelnen Herstellern testen auch Unternehmen und Stadtwerke ihre Anlagen auf H2-Tauglichkeit. Im Dezember 2021 ist zum Beispiel ein Versuchsprojekt in Wien gestartet: Wien Energie, Rheinenergie, Siemens Energy und Verbund haben sich für ein Projekt zusammengeschlossen, das sie als „weltweit ersten
Wasserstoffbetriebsversuch“ in einer Gasturbine unter Realbedingungen bezeichnen. Im Wiener Kraftwerk Donaustadt wollen die Firmen per Praxistest in Erfahrung bringen, wie Wasserstoff und Erdgas sich als Gemisch in einer existierenden Gas-und-Dampfturbinen-Anlage (GuD) verhalten. Laut Kooperationsvertrag sollen die Umbauarbeiten an der Gasturbine in diesem Frühjahr beginnen. Die erste Beimischung in der Kraft-Wärme-Kopplungsanlage ist für 2023 ins Auge gefasst.
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