Herrsching | 7. Juli 2022 |

Können KWK-Anlagen zur Energiewende beitragen?

Eine Studie von Frontier Economics zeigt die Bedeutung der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) auch nach dem Erdgaszeitalter auf.

Für Timm Kehler, Vorstand der Branchenvereinigung Zukunft Gas, ist die Sache klar: „Die KWK liefert die perfekten Lösungen für die Energiewende.“ Sie könne zum einen die Dezentralität der Energiewende bedienen, da sie für jede Größe der Energieversorgung auslegbar ist – von der Stand-Alone-Anlage im Industriebetrieb bis hin zu Systemlösung für ganze Stadtteile. Gleichzeitig können die Anlagen heute schon klimaneutral betrieben werden. „Das ist genau der Anspruch, den wir als Gaswirtschaft haben“.

Dass die Gaswirtschaft diesen Anspruch mithilfe der KWK-Technik in den kommenden Jahren einlösen kann, das soll eine Studie des Beratungshauses Frontier Economics im Auftrag von Zukunft Gas aufzeigen. Das Fazit von Christoph Riechmann, Director bei Frontier Economics, lautet deshalb bei der Studienvorstellung am 5. Juli: „Die KWK kann eine wichtige Rolle zur Erreichung der Klimaneutralität leisten“.

Schon heute spielen Blockheizkraftwerken (BHKW) eine bedeutende Rolle im hiesigen Erzeugungssystem: Rund 22 % des Stroms und 17 % der Wärme in Deutschland werden aktuell in KWK-Anlagen erzeugt. Zwar kommt oftmals noch fossiler Brennstoff zum Einsatz, aber die Effizienz ist schon allein wegen der gemeinsamen Erzeugung von Strom und Wärme um 30 % höher als bei ungekoppelten Erzeugungssystemen.

100 % erneuerbare Energien in KWK-Anlagen möglich

Richmann wies darauf hin, dass KWK-Anlagen heute schon mit zu 100 % erneuerbaren Energien betrieben werden können, beispielsweise wenn Biomethan zum Einsatz komme. Auch seien viele BHKW bereits „H2 ready“, und können – je nach Anlage – mindestens mit einer Beimischung von 20 % Wasserstoff arbeiten, viele Blockheizkraftwerke könnten sogar heute bereits mit 100 % Wasserstoff betrieben werden.

Das bestätigte auch Carl Richers, Vice President Product Management und Marketing beim BHKW-Hersteller Innio Jenbacher. Sein Unternehmen stellt KWK-Anlagen mit einer Leistung von 300 kW bis 10 MW her. Es sei technisch kein Problem, ein mit Erdgas betriebenes BHKW auf Wasserstoff umzurüsten. Bei einer Demonstrationsanlage mit einer Leistung von 1 MW habe Innio Jenbacher gezeigt, dass der Motor jegliches Mischungsverhältnis von Erdgas und Wasserstoff hin bis zu 100 % Wasserstoff problemlos verarbeiten könne.

Wie in der Studie festgestellt, wird sich in der KWK-Anlage der Zukunft aber nicht nur der eingesetzte Brennstoff ändern, sondern auch deren Fahrweise. Neben der Dekarbonisierung der KWK müssten diese auch flexibler eingesetzt werden, so Berater Riechmann. Früher wurden die KWK-Anlagen in der Regel wärmegeführt betrieben, und der Strom mehr oder weniger als Grundlastband dem Markt zur Verfügung gestellt. In Zukunft müsste sich die Energieerzeugung mehr an der Ökostromerzeugung durch Wind und Photovoltaik ausrichten. Bei Dunkelflauten könne hier die KWK einspringen.

Dazu muss die Strom- und Wärmeeinspeisung zeitlich entkoppelt werden. Ermöglicht wird dies durch den Einsatz von Wärmespeichern. „So kann der lokale Wärmebedarf gedeckt und zugleich die variable Stromerzeugung aus Wind und PV ergänzt werden.“ Ein weiterer Vorteil der KWK in diesem Zusammenhang sei auch, dass die Infrastruktur oftmals vorhanden sei und – wo es sinnvoll sei – auch ausgebaut werden sollte.

„Wir brauchen einen stabilen Rechtsrahmen"

Was dazu allerdings auch notwendig ist, sind – wie so oft – die entsprechenden Rahmenbedingungen. „Wir brauchen dafür einen stabilen und planbaren Rechtsrahmen sowie marktgerechte Anreize“, sagte Riechmann. Vor allem, wenn die KWK flexibler laufen soll, müssten Rahmenbedingungen angepasst werden. In der Studie wird die Umstellung der KWK-Förderung auf Leistungszahlung oder kombinierte Leistungs- und Betriebszahlung vorgeschlagen, auch eine KWK-Direktvermarktung wird ins Spiel gebracht.

Auch für den Vorstand von Zukunft Gas müssen die regulatorischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen angepasst werden. Kehler: „Wir brauchen einen stabilen Rechtsrahmen, indem das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz bis 2026 verlängert wird.“ Zusätzliche Investitionen in KWK könnten in Form von Kapazitätsmechanismen und einer Aufstockung der Ausschreibungsmengen angereizt werden.

Zudem dürfte die Situation für KWK nicht regulatorisch erschwert werden: Einige der im Osterpaket der Ampel-Koalition vorgeschlagenen Änderungen am KWKG und am EEG würden die Bedingungen für KWK-Anlagen erheblich verschlechtern. „Ein Beispiel ist die vorgeschlagene Streichung der Förderung von Biomethan“, so Kehler.
Die Studie „Das Potenzial der KWK für die Transformation zur klimaneutralen Energieversorgung“ von Frontier Economics kann auf der Webseite der Branchenvereinigung Zukunft Gas heruntergeladen werden.

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