Wärmewende – heiß diskutiert und nicht sozial?
Auf dem „Forum Wärmewende“ in Berlin wurde der Entwurf der GEG-Novelle vorgestellt und diskutiert.
Nicht erst 2025, sondern schon 2024 soll jede neu eingebaute Heizung mit einem Anteil von mindestens 65 Prozent erneuerbarer Energien betrieben werden. Der Einbau von ausschließlich auf fossilen Energieträgern basierenden Heizungssystemen ist dann nicht mehr erlaubt. Dies besagt der Entwurf des neuen Gebäudeenergiegesetzes (GEG). Die Novelle soll noch vor der Sommerpause verabschiedet werden und 2024 in Kraft treten.
Den Entwurf erläuterte Dr. Volker Hoppenbrock, Referent im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, im Rahmen einer Podiumsdiskussion auf dem Forum Wärmewende in Berlin. Neben der 65-Prozent-Vorgabe werde es – anders als von manchen befürchtet – kein Rangverhältnis zwischen den Technologien geben, versprach Hoppenbrock. „Trotzdem gehen wir davon aus, dass die Wärmepumpe eine der entscheidenen Technologien der Wärmewende sein wird.“
Markus Staudt, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Heizungsindustrie, begrüßte die wachsende Nachfrage nach Heizungsanlagen. Die Menschen seien bereit, in neue Heizungen zu investieren, so Staudt. Der Austausch von teils Jahrzehnten alten Heizungssystemen, der in den letzten drei Jahren Fahrt aufgenommen habe, führe bereits zu CO2-Einsparungen, bekräftigte er. Seine Botschaft zur GEG-Novelle: An der Industrie und am Handwerk solle die Wärmewende nicht scheitern. Er kritisierte aber die enormen Herausforderungen für die Industrie und Handwerk angesichts der kurzen Vorlaufzeit von einem halben Jahr, wenn das Gesetz in diesem Sommer verabschiedet würde. Und da Wärmepumpen keine preiswerte Technologie seien, hoffe er auf Förderungsmaßnahmen seitens des Bundes, um die Kunden finanziell nicht zu überfordern. „Am Ende muss man die Menschen dazu motivieren, dass sie investieren.“
"Extreme Herausforderung"
Diesen Punkt führte Professor Bert Oschatz vom Institut für Technische Gebäudeausrüstung Dresden weiter aus. Die Preise für Wärmepumpen seien, auch gemessen an Gasthermen oder Ölheizungen, enorm. 30.000 Euro und mehr koste so ein System. Zudem müssten viele vor der Installation ihre Gebäudehülle dämmen. „Da kommen schnell mal Kosten von 100.000 Euro zusammen“, so Oschatz. Was für Eigenheimbesitzer im Münchener Speckgürtel vielleicht noch tragbar erscheine, sei für viele Menschen in wirtschaftlich schwachen Regionen wie Brandenburg oder Mecklenburg eine „extreme Herausforderung“.
Angesichts der technischen und sozialen Herausforderungen forderte Jana Eschweiler, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Fachbereich Energierecht des IKEM, in Richtung Wasserstoff und grüne Gase zu denken und eine „Wasserstoff-Readiness“ für Gasthermen vorzuschreiben. Brennwertheizungen könnten dann in Zukunft mit strombasierten synthetischen Kraftstoffen betrieben werden.
Zum Ausbau der Wärmenetze, die Hoppenbrock als „zweite wichtige Technologie“ neben der Wärmepumpe bezeichnete, erneuerte Oschatz seine Kritik, die er zuvor auf einem Impulsvortrag geäußert hatte. Der Ausbau der Wärmenetze hake, die Genehmigungsbehörden seien viel zu langsam. Zudem werde Fernwärme immer noch aus über 80 Prozent fossilen Energieträgern bereitgestellt.
Gleichberechtigung für alle grünen Heizsysteme
Seitens der Opposition wurde der Entwurf der GEG-Novelle am Folgetag scharf kritisiert. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder bezeichnete ihn als „sozial ungerecht“. Das Gesetz überfordere viele Menschen, die sich den Umstieg nicht leisten können. Außerdem treffe es besonders den ländlichen Raum. Ein „falscher Ansatz“, so der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei. Er kritisierte „extrem kurze Zeiträume“ und „nicht erfüllbare Hürden“. Von „typisch grüner Verbotspolitik“ sprach der Vorsitzende der CSU-Abgeordneten, Alexander Dobrindt. Sie führe bei den Bürgern zu unnötigen Belastungen und zu mangelnder Bereitschaft, beim Klimaschutz mitzumachen.
Auch Michael Riechel, Vorstandsvorsitzender der Thüga AG, sah in einer Mitteilung am 28. Februar noch deutlichen Nachbesserungsbedarf, insbesondere im Hinblick auf alternative Heizsysteme: „Wir benötigen alle grünen Technologieoptionen im Heizungsbereich, um die ambitionierten Klimaziele zu erreichen – auch grüne Gase, Biomasse und Hybridsysteme. Die Bundesregierung sollte daher mehr auf Anreize und Förderung setzen sowie ein echtes level playing field für alle grünen Heizungstechnologien im Neubau und im Bestand aufbauen“, sagte er.
„Grüne Gase, Biomasse und Hybridsysteme sollten auch im Neubau zugelassen werden. Noch viel wichtiger wird aber sein, dass gerade im Bestand die Erfüllungsoption zur Erreichung der 65-Prozent-Erneuerbaren-Anforderung für Gasheizungen ähnlich und gleichberechtigt wie bei Wärmenetzen ausgestaltet wird. Und zwar über sogenannte Transformationspläne, die detailliert und verbindlich die Umstellung auf grüne Gase zu bestimmten Jahren anstreben." Auch die angedachte vorzeitige Ausbaupflicht von noch funktionierenden Heizungssystemen erscheine vor dem Hintergrund der Nachhaltigkeit nicht zielführend.
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