Herrsching | 11. Juni 2024 |

KWK-Anlagen ermöglichen eine zukunftssichere dezentrale Energieversorgung

Der schleppende Netzausbau bremst auch die Erneuerbaren aus. Können KWK-Anlagen das Problem entschärfen? Ja – meint Stefan Liesner im Gespräch und legt dar, wie dies geschehen kann.

In Industrie, Gewerbe, aber auch in kommunalen Unternehmen wie Krankenhäusern müssen Strom und Wärme kalkulierbar bleiben, muss die Versorgungssicherheit rund um die Uhr gewährleistet sein − trotz einer immer volatileren Erneuerbaren-Erzeugung. Eine weitere wichtige Frage, die verstärkt in den Vordergrund drängt, sei „die der realen Reduzierung der CO2-Emissionen“, sagt Stefan Liesner von 2G Energy, einem Hersteller von BHKW und dezentralen KWK-Lösungen aus Heek (NRW). „Auch das bemerken wir mittlerweile in den Anfragen. Die Kunden wollen nicht nur auf dem Papier grün sein.“

Bei Projekten hat sich nach den Erfahrungen des Unternehmens in den vergangenen Jahren aber auch herausgestellt, dass die Frage „Wärmepumpe statt Blockheizkraftwerk?“ oftmals keine befriedigende Lösung schafft. Sondern dass „die wirtschaftlich beste Option meist eine kombinierte Anlagenstrategie aus Wärmepumpe, BHKW und einer Erneuerbaren-Anlage, etwa einer PV-Anlage, ist, sagt Liesner. „Immer auf die Gegebenheiten vor Ort angepasst.“

Damit werden die Anlagenkonzepte komplexer − insbesondere bei kommunalen Projekten. Zudem ist in Kommunen der Druck aufgrund des in Kraft getretenen Wärmeplanungsgesetzes gestiegen, bestehende Anlagenparks auf klimaneutrale Energieversorgungskonzepte zügig in den nächsten Jahren umzustellen. Die Vielfalt der städtischen und ländlichen Strukturen trage zur Komplexität bei. Jede Gemeinde stehe vor ihren eigenen Herausforderungen, abhängig von ihrer Infrastruktur und Energieversorgung.

„Es gibt die entsprechenden Anschlussleistungen gar nicht“

Trotz eines künftig deutlich höheren Erneuerbaren-Anteils muss die Versorgungssicherheit gewährleistet bleiben, sprich, genügend gesicherte Leistung vorhanden sein, und die Wirtschaftlichkeit darf ebenfalls nicht darunter leiden. Der schleppende Netzausbau sei hier eine weitere Hürde, da Erneuerbaren-Anlagen oder auch Wärmepumpen mitunter lange auf einen Netzzugang warten müssten. „Es gibt die entsprechenden Anschlussleistungen in manchen Regionen gar nicht.“

An der Stelle könne die KWK „gut unterstützen“, betont Liesner. Er ist nicht nur Sprecher für den BHKW-Hersteller 2G, sondern auch Vizepräsident des Bundesverbands Kraft-Wärme-Kopplung (B.KWK) und Vorstandsmitglied im Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE). Liesner: „Wir werden nicht müde, gebetsmühlenartig zu betonen, dass die Kraft-Wärme-Kopplung eine Fülle an Vorteilen für das Energiesystem mit sich bringt. Zugleich aber keine Lock-in-Effekte erzeugt, denn die Anlagen können auf grüne Gase, etwa Wasserstoff, umgestellt werden.“

Kurzum: Das physikalische Zusammenspiel von BHKW und Wärmepumpe optimiert die Nutzung erneuerbarer Energien und unterstützt die Stabilität des Stromnetzes. Von einer dezentral stromgeführten KWK-Anlage hat damit sowohl der Betreiber Vorteile und die Gesellschaft gewinnt ebenfalls. „Es wird zwar sicher große wasserstofffähige Gaskraftwerke brauchen“, betont Liesner. Aber vielleicht könne man sich das ein oder andere Großkraftwerk sparen.

Ein Beispiel, um es zu verdeutlichen, haben die Landesverbände Erneuerbare Energien Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen vor einigen Monaten in einem Papier vorgestellt, das die Problematik der nicht verfügbaren Anschlussleistung thematisiert. Ein Gymnasium in Bingen am Rhein, bestehend aus einem denkmalgeschützten Altbau und weiteren Gebäuden, hat im Winter einen Wärmebedarf von täglich bis zu 2.000 kW, der nicht allein durch Wärmepumpen gedeckt werden kann, da die erforderliche elektrische Anschlussleistung von 700 kW vom Netz weder wirtschaftlich noch technisch bereitgestellt werden kann.

Zur Erreichung einer klimaneutralen Energieversorgung wurde daher ein Kombinationssystem aus dezentralen KWK-Anlagen und Wärmepumpen vorgeschlagen. Im Winter sollen KWK-Anlagen oder Brennstoffzellen effizient Wärme und Strom liefern und das Netz entlasten, während außerhalb der Heizperiode Wärmepumpen die Heizung übernehmen und aufgrund geringerer Heizlast effizienter arbeiten.

KWK ist nicht überall die beste Lösung

Positive Residuallasten können durch Zuschalten von KWK gedeckt, negative Residuallasten durch Aufnahme von Windkraft und Photovoltaik in Power-to-Heat ausgeglichen werden. Außerhalb der Heizperiode übernehmen in diesem Konzept bei höheren Außentemperaturen die Wärmepumpen die Heizfunktion bei deutlich reduzierter Gebäudeheizlast, die dann höhere Leistungsziffern und somit eine höhere Effizienz aufweisen. Das Beispiel zeige, dass die KWK-Technologie der ideale Partner für den Erneuerbaren-Ausbau ist − sowohl im Strom- als auch im Wärmesektor.

Die wachsende Stromnachfrage durch Wärmepumpen im Gebäudesektor und durch E-Mobilität im Verkehrssektor werde diese Entwicklung noch verstärken. Umso wichtiger sei es, schnell regulierbare Leistung zu haben, um Energiespitzen decken zu können. „Wir sagen ja nicht, KWK ist überall die beste Lösung“, so Liesner. „Grüne Gase sind immerhin ein knappes Gut und werden dies auch noch Jahre bleiben. Gerade im Einfamilienhausbereich oder bei kleineren Objekten wird sicher künftig die Wärmepumpe die Lösung sein.“ Letztendlich müsse es darum gehen, für die individuelle Liegenschaft, für die Kommune, das Krankenhaus oder die Industrie die beste Lösung zu finden, die umsetzbar ist.

Er plädiert in diesem Zusammenhang noch einmal eindringlich an die Politik, das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG) zügig zu reformieren. Aktuell läuft das KWKG 2026 aus. „Wir brauchen auch künftig die KWK und damit ein reformiertes KWKG.“ KWK-Anlagen sollten konsequent in die Energieinfrastruktur einbezogen werden, um ihre Fähigkeit zu nutzen, sowohl positive als auch negative Residuallasten im Stromverteilnetz auszugleichen.

Das ist laut der gesamten KWK-Branche wichtig, da das Netz durch die zunehmende Integration von Wärmepumpen und Ladestationen für Elektrofahrzeuge belastet wird. Darüber hinaus bietet die dezentrale KWK beziehungsweise das KWKG die optimale Möglichkeit, das GEG und die Kraftwerksstrategie miteinander zu verknüpfen – also den Wärme- mit dem Strommarkt. „Die Branche könnte rund 6 Gigawatt an Leistung jährlich zubauen.“ Dezentrale KWK-Anlagen könnten so der dringend gebrauchte „Booster“ für die Energiewende werden.

Jahreskonferenz "Energiewende 2024 – Zukunftsfähige Gebäude-Versorgung" am 15./16. Oktober in Magedburg
Jahreskonferenz "Energiewende 2024 – Zukunftsfähige Gebäude-Versorgung" am 15./16. Oktober in Magedburg

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