Rastatt | 30. November 2023 |

Entfällt die vollständige Energiesteuerentlastung für KWK-Anlagen?

Die Gerüchte verdichten sich, dass Betreiber von KWK-Anlagen kleiner und mittlerer Leistung zukünftig keine vollständige Rückerstattung der Energiesteuer mehr in Anspruch nehmen können. Dies würde auch für Bestandsanlagen gelten.

Betreiberinnen und Betreiber von KWK-Anlagen erhalten auf Antrag die Energiesteuer für den in der KWK-Anlage eingesetzten Brennstoff komplett zurückerstattet. Dies stellte in der Vergangenheit ein wichtiges Puzzleteil eines wirtschaftlichen KWK-Betriebs dar.

Um in den Genuss dieser Sonder-Regelung gemäß §53a Abs. 6 EnergieStG zu kommen, müssen besonderen Voraussetzungen wie z. B. ein Nachweis der Hocheffizienz, ein Gesamtwirkungsgrad von mindestens 70% sowie eine prinzipielle einkommenssteuerliche Abschreibung der KWK-Anlage nachgewiesen werden. Außerdem bedarf es eines formalen Antrags, der spätesten bis zum 31. Dezember des Jahres erfolgen muss, der auf den Abrechnungszeitraum erfolgt.
Konkret: spätestens am 31.12.2023 muss der Erstattungsantrag für eine Rückerstattung der Energiesteuer für die im Jahr 2022 entrichtete Energiesteuer beim zuständigen Hauptzollamt eingegangen sein.

Beihilferechtliche Vorgaben bei Umweltsteuerermäßigungen

Da es sich bei diesen Sonder-Regelungen um beihilferechtliche Tatbestände handelt, bedarf es alle 10 Jahre einer EU-beihilferechtlichen Genehmigung. Die letzte Änderung der energie- und stromsteuerrechtlichen Regelungen für KWK-Anlagen bis 2 MW elektrischer Bruttoleistung stammen aus dem Jahre 2014. Demnach war schon lange klar, dass im Jahre 2024 neue Regelungen mit der EU-Kommission für KWK-Anlagen hinsichtlich einer vollständigen Befreiung bzw. Erstattung ausgehandelt werden müssen.

Angesichts des immer stärker im Fokus stehenden Klimaschutzes wurde spätestens im Jahre 2022 offensichtlich, dass es eine einfache Fortführung der Sonderregelungen für hocheffiziente KWK-Anlagen wahrscheinlich nicht geben wird. Aufgrund der geopolitischen Veränderungen (Ukraine-Krieg) wurde dieser politische Fokus noch verstärkt und manifestierte sich im Juni 2023 in dem Beschluss zur Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung - AGVO (Verordnung (EU) 2023/1315).

Im Jahre 2014 existierte in dieser Verordnung noch ein wenig restriktiver Artikel 44 (Beihilfen in Form von Ermäßigungen von Umweltsteuern oder -abgaben), der auch die energiesteuerliche Rückerstattung bei hocheffizienten KWK-Anlagen ermöglichte (AGVO (EU) Nr. 651/2014).
Dagegen beschränkt die neue AGVO (EU) 2023/1315 in Artikel 44 Absatz 3 die Begünstigungen bei hocheffizienten KWK-Anlagen auf die Stromproduktion – also nach Meinung des Bundesfinanzministeriums auf Sonderregelungen bei der Stromsteuer.

Was droht den KWK-Anlagenbetreibern bei der Energiesteuer 2024?

Es gilt inzwischen als wahrscheinlich, dass die vollständige Energiesteuer-Rückerstattung für KWK-Anlagen bis 2 MW elektrischer Leistung (§ 53a Abs. 6 EnergieStG) wegfallen könnte. Eine teilweise Entlastung der Brennstoff-Verwendung in hocheffizienten KWK-Anlagen würde aber wahrscheinlich weiterhin gewährt werden.

Bei Erdgas fällt der Unterschied zwischen einer vollständigen Energiesteuer-Erstattung und einer teilweisen Energiesteuer-Rückerstattung eher gering aus. Rund 80% der Energiesteuer fließen auch bei einer teilweisen Erstattung wieder zurück.

Bei Heizölbetrieb beträgt die teilweise Erstattung nur rund zwei Drittel einer vollständigen Rückerstattung. Wird Flüssiggas in einer KWK-Anlage verwendet, so schrumpft die teilweise Entlastung auf weniger als ein Drittel der vollständigen Energiesteuer-Rückerstattung. Ursächlich für diese Unterschiede sind die unterschiedlichen Mindest-Steuersätze der verschiedenen Brennstoffe.

Und genau hier stehen Veränderungen auf europäischer Ebene an. Es existiert im Rahmen des „Fit for 55“-Pakets und des „Green Deals“ ein Fokus seitens der EU, höhere Mindeststeuersätze für fossile Brennstoffe beschließen zu wollen.
Die entsprechenden Konsultationen stehen aber noch am Anfang. Sollte eine Anhebung der Mindeststeuersätze beschlossen werden, würde sich daraus auch eine Verringerung der teilweisen Rückerstattung der Energiesteuer ergeben.

Für welche KWK-Anlagenbetreiber gelten die Neuregelungen?

Wenn es zu einer Neuregelung der energie- oder stromsteuerrechtlichen Vorgaben kommen sollte, betrifft dies nach dem Inkrafttreten alle KWK-Anlagenbetreiberinnen und KWK-Anlagenbetreiber. Auch bereits existierende KWK-Anlagen wären von den Neuregelungen betroffen.

Wahrscheinlich werden Betreiberinnen und Betreiber von KWK-Anlagen über 2 MW elektrischer Bruttoleistung keine Auswirkung im Energiesteuerrecht bekommen. Eine Besteuerung des Brennstoffs (Input) würde zusammen mit der Besteuerung des KWK-Stroms (Output) zu einer Doppelbesteuerung führen, was auf jeden Fall vermieden werden soll.

Es ist derzeit noch unklar, welche Regelungen kommen und wann diese dann in Kraft treten. Wahrscheinlich erscheint ein Inkrafttreten der Neuregelung zum 1. Juli 2024, da im Sommer 2022 bzw. Januar 2023 die Steuervergünstigungen für KWK-Anlagen gemäß § 53a bis zum 30. Juni 2024 verlängert wurden. Die neuen Regelungen könnten aber ggf. auch rückwirkend zu Beginn des Jahres 2024 in Kraft treten.

Für das aktuelle Steuerjahr 2023 gelten noch die bisherigen Regelungen. Bis Ende 2024 könnten demnach noch Anträge für eine vollständige Energiesteuer-Rückerstattung der im Kalenderjahr 2023 verbrauchten Brennstoffmengen gestellt werden.

Weitere Neuregelungen

Wie bereits der Presse zu entnehmen, werden weitere Neuregelungen im Stromsteuerrecht auf uns zukommen. Hierzu gehört die Entlastung von der Stromsteuer bei wahrscheinlichem Entfall des Spitzenausgleichs.
Auch im Bereich der zukünftigen (elektronischen) Administration im Rahmen der „Modernisierung des Verbrauch- und Verkehrsteuervollzugs der Zollverwaltung“ (MoeVe) tut sich einiges.

Aus diesem Grund bieten wir im Januar und März ganztägige Intensivseminare zum neuen Energie- und Stromsteuergesetz an. Das neue Energiesteuergesetz 2024 für KWK-Anlagenbetreiber wird am 16. Januar 2024 sowie am 25. März 2024 als Online-Seminar angeboten.

Das Stromsteuergesetz für PV- und KWK-Anlagenbetreiber wird am 17. Januar 2024 sowie am 26. März 2024 angeboten.
Bringen Sie sich auf den neuesten Stand.

 

UPDATE vom 05. Januar 2024

Es sind nur fünf Zeilen auf einer Seite des Bundesgesetzblattes in der Ausgabe vom 15. Dezember 2023. Die Auswirkungen indes für die KWK-Branche werden groß sein. Denn in diesen wenigen Zeilen teilt das Bundesministerium der Finanzen im Bundesgesetzblatt 2023 I Nr. 361 mit, dass zum 31.12.2023 die Freistellungsanzeige für die vollständige Steuerentlastung für den Brennstoff-/Kraftstoffeinsatz in KWK-Anlagen ausgelaufen ist.
Weitere Informationen erhalten Sie im Bericht "Vollständige Energiesteuer-Entlastung für KWK-Anlagen nicht mehr möglich".

Energiesteuergesetz 2024
Energiesteuergesetz 2024

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Seit 1999 informiert die BHKW-Infozentrum GbR auf zahlreichen Webseiten sowie in Fachzeitschriften über neue Technologien im Bereich alternativer und regenerativer Energieerzeugung mittels Blockheizkraftwerken (BHKW). Außerdem werden die Veränderungen der gesetzlichen Rahmenbedingungen für BHKW-Anlagen und Anlagen der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) erläutert.

Bereits heute können Interessierte in dem BHKW-Kenndaten-Tool 2015 aus einer Datenbank von mehr als 1.300 KWK-Modulen die technischen Daten sowie die Investitionskosten der jeweils interessanten Leistungsgröße heraus suchen.
Im Winter 2022 wird dann die aktualisierte Version der „BHKW-Kenndaten 2022“ zur Verfügung stehen.

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